“Fünf Euro für ein Bier ist eine emotionale Grenze”

Preissteigerungen von etwa fünf Prozent stehen im Raum. Dass das Bier damit bald fünf Euro beim Wirt kostet, ist damit aber noch nicht gesagt.
Schwarzach “Glauben Sie, Bier ist Grundnahrungsmittel?”, fragt der ORF-Reporter. “Grundnahrungsmittel, wir brauchen es halt, wir Arbeiter. Damit wir eine Kraft haben”, schimpft der Befragte auf die Bierpreiserhöhung. Das Jahr ist 1972, der Beitrag in schwarz und weiß ein gern gezeigtes Stück Fernsehgeschichte. Geändert hat sich seitdem nichts.
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Denn die Brauereien werden die Bierpreise erhöhen. Die Brau Union will ihre Preise um durchschnittlich 3,6 Prozent erhöhen, sowohl für den Handel wie für die Wirte. Zum Konzern gehören Marken wie Gösser, Zipfer, Puntigamer, Wieselburger oder Fohrenburger. Der Kostendruck durch die Inflation wie auch die Kollektivvertragsanpassungen werden als Grund genannt. Im Jahr zuvor lag der Aufschlag für Wirte bei durchschnittlich 9,5 Prozent, im Vergleich zur Inflation sei der Aufschlag nun relativ milde. Für den Handel gelten die neuen Preise bereits, für die Wirte ab 1. Februar. Und die heimischen Brauereien werden mit Mai ihre Preise wohl um die fünf Prozent steigern müssen, erfuhr der ORF. Kostet ein großes Bier also bald fünf Euro?
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Dilemma für Wirte
“Ich werde die Erhöhung nicht eins zu eins weitergeben”, erklärt Marcel Lerch. Ihm gehören mehrere Lokale im Rheintaler Unterland, etwa das „Schmugglar“ in Lustenau. Derzeit verlangt er für das große Bier 4,50 Euro, einen Preis von über fünf Euro sei dem Kunden nicht zumutbar. “Ich habe die Wahl: Den vollen Aufschlag und ein halbvolles Lokal oder ein volles Lokal und dafür die Mehrkosten selber tragen”, fasst er das Dilemma vieler Wirte zusammen. Sprich, wer Bierpreise von über fünf Euro für den halben Liter Bier vermeiden will, muss die Preiserhöhung anders abfedern. Andere Wirte wollten sich auf VN-Anfrage nicht äußern – auch, weil die Brauereien die tatsächlichen Preissteigerungen erst auf Mai hin kommunizieren werden.

direkt weiterzugeben. VN/Rhomberg
Dabei ist es noch nicht einmal so lange her, dass ein halber Liter Bier im Gasthaus in Österreich noch unter 3,50 Euro zu haben war. Das war 2014, vor zehn Jahren. Nun sind es von Boden- bis Neusiedler See im Durchschnitt bereits jetzt 4,75 Euro. Nimmt man den Verbraucherpreisindex auf Basis des Jahres 2010 her, ist das Bier in der Gaststätte damit heute 52,9 Prozent teurer als damals. Im Handel stieg der Preis für die Halbliterflasche Gerstengebräu von 0,77 Euro auf knapp über einen Euro, ein Plus von 41 Prozent. Zum Vergleich: Der gesamte Warenkorb, mit dem die Inflation berechnet wird, wurde seit 2010 um 44,1 Indexpunkte teurer. Energie um 89,1 Prozent für die Endkonsumenten, bei der Industrie gelten andere Tarife.
Emotionale Grenze
Im Mai wird der neue Kollektivvertrag im Brau- und Gastronomiesektor gültig, der derzeit noch ausverhandelt wird. Gestiegene Personalkosten gelten neben den Rohstoff- und Energiepreisen als Hauptkostentreiber. Auch der Konsum sinkt leicht, stärker sind die Auswirkungen durch die Extremwetterlagen. Nach dem Rekordabsatzjahr 2022 mit bierfreundlichem Wetter war 2023 enttäuschend. “Wir hatten einen extrem verregneten und kalten Mai”, erinnert Mohren-Geschäftsführer Thomas Pachole. Und der Sommer war entweder zu nass oder zu heiß, als dass beim Grillen zum Bier gegriffen wurde. Die Verfügbarkeit von Gerste leidet unter dem Ukrainekrieg, die Energiepreise sind allen wohlvertraut. “Natürlich sind fünf Euro eine emotionale Grenze, aber am Ende des Tages nützt es nichts”, räumt Pachole ein. Brauer und Wirte stehen steigenden Kosten gegenüber, diese müssen sich im Preis wiederfinden, will man auch weiterhin produzieren können.

Apropos Bierpreiserhöhungen 1972: Würde man den Verbraucherpreisindex von 1976 zur Hand nehmen, war im Dezember 2023 mit einem Index von 380,2 alles beinahe viermal so teuer wie damals.