Hannes Androsch

Kommentar

Hannes Androsch

Zukunft der Arbeit

Vorarlberg / 26.04.2024 • 10:28 Uhr

Unsere Erde ist kein paradiesisches Schlaraffenland, in dem ohne mühevollen Zutuns Milch und Honig fließen, sondern ein Ort der Knappheit. Seit jeher mussten sich die Menschen das zum (Über-)Leben Notwendige unter Einsatz harter Arbeit sichern. Doch die erbrachte Leistung war gleichzeitig auch etwas, das Erfüllung, Befriedigung und Anerkennung im sozialen Umfeld brachte; etwas, worauf man stolz sein konnte. Dies erkannte schon Konfuzius vor rund 2.500 Jahren, als er meinte: „Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten“. Auch im „Lied der Arbeit“, der Hymne der Sozialdemokratie, erklingt diese Einsicht, und die stolze Tradition der Bergknappen ist ein sichtbares Beispiel dafür.

Dennoch wird es auch in Zukunft schon wegen der tickenden „demografischen Bombe“ mit alternder und schrumpfender Gesellschaften genug Arbeit geben.


Im Laufe der Geschichte konnten die Mühen der Arbeit durch die Zähmung des Feuers, den Einsatz tierischer Muskelkraft, die Verwendung von Werkzeugen und die Nutzung von Wasser und Wind beträchtlich verringert werden. Der entscheidende Schub trat jedoch erst mit der Industriellen Revolution und deren Einsatz von Kohle, Erdöl und später auch von Elektrizität ein. Es war das Zeitalter der „rauchenden Schlote“, auf dessen Bedürfnisse das Bildungssystem durch Einführung der allgemeinen Schulpflicht ausgerichtet wurde. So konnten in den entwickelten Industrieländern trotz gewaltiger Zunahme der Bevölkerung die Armut weitgehend beseitigt und bei verringerter Arbeitszeit Wohlstand und Wohlfahrt erzielt werden
Inzwischen haben uns die rasanten Entwicklungen bei der Mikroelektronik und der Computertechnik ins Digitalzeitalter katapultiert. Damit werden auch die kognitiven Möglichkeiten der Menschen erweitert, sodass wir uns im Zeitalter der „rauchenden Köpfe“ befinden. Hiervon sind nahezu alle Lebensbereiche, besonders aber die Arbeitswelt betroffen: Monotone, schwere und gefährliche Arbeiten fallen weg und in vielen Bereichen entstehen neue Arbeitsmodelle. Dies sollte helfen, die inzwischen sehr gering gewordene Produktivität der Leistungserbringung wieder zu steigern und damit auch helfen, die alterungsbedingte Belastung der Sozialeinrichtungen finanzierbar zu erhalten. Dennoch wird es auch in Zukunft schon wegen der tickenden „demografischen Bombe“ mit alternder und schrumpfender Gesellschaften genug Arbeit geben. Die dafür nötigen Leistungsprofile werden jedoch entsprechende Qualifikationen erfordern, worauf das Bildungs-, Ausbildungs- und Weiterbildungssystem ausgerichtet werden muss.
Zudem benötigt das Zeitalter der Digitalisierung eine deutlich höhere Stromproduktion, wofür wir wiederum technologische Entwicklungen und entsprechende Innovationen brauchen. Doch selbst bei all den sich eröffnenden Möglichkeiten wird unsere Welt kein „paradiesischer Garten“ werden, sondern von Knappheit geprägt bleiben, wie der zunehmende Mangel an Trinkwasser oder sauberer Luft zeigt, zumal angesichts der herrschenden Verschwendung und gefährlichen Übernutzung.
Insgesamt werden wir also auch künftig mit Mühen verbundene Arbeit erbringen müssen und dürfen nicht glauben, bei sinkender Leistungsbereitschaft steigende Ansprüche erfüllt zu bekommen.

Dr. Hannes Androsch ist Finanz­minister i. R. und Unternehmer.