Extremwetter: “Es ist wichtig, sich auf Veränderungen einzustellen”

Klimatologe Alexander Orlik (Geosphere Austria) erklärt, warum Extremwetterereignisse tendenziell zunehmen und wie Vorarlberg davon betroffen ist.
Darum geht’s:
- Dauerregen führte zu Zerstörung in Süddeutschland und Vorarlberg
- Wetterberuhigung und bis zu 25 Grad am Mittwoch in Vorarlberg erwartet
- Klimawandel erhöht Risiko für extreme Wetterlagen
Schwarzach Der Dauerregen zum Juni-Beginn hat in Süddeutschland und im Vorarlberger Unterland für Zerstörung und zahlreiche Einsätze gesorgt. Grund dafür war ein Unwettertief, das viel Feuchtigkeit aus dem Mittelmeerraum aufgesogen hat und zu enormen Regenmassen führte. Besonders betroffen waren Regionen, die in der Nähe eines Flusses liegen. Die gute Nachricht: Im Verlauf der Woche wird sich die Lage beruhigen. Am Mittwoch sind laut Geosphere Austria bis zu 25 Grad Celsius in Vorarlberg möglich.

Doch durch den Klimawandel nehmen solche extremen Wetterlagen zu. Aufgrund der globalen Erwärmung steigt die Temperatur in der Atmosphäre. Warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen als kalte Luft, daher kann es bei Starkregenereignissen auch zu viel mehr Niederschlag kommen als vor 20 oder 30 Jahren. Klimatologe Alexander Orlik von der Geosphere Austria erklärt die Hintergründe.
Was war die meteorologische Ursache für den Starkregen in Süddeutschland und Vorarlberg?
Alexander Orlik Der Starkregen der vergangenen Tage wurde durch ein Tiefdruckgebiet mit viel feuchter Luft aus dem Mittelmeer verursacht, das sich Richtung Nordosten verlagerte und sich bei uns entladen hat. In der feuchtwarmen Luftmasse kam es zu Prozessen, die zu intensiven Niederschlägen führten. Eine Kombination aus einem Höhentiefdruckgebiet und kalter Luft in der Höhe traf auf feuchtwarme Luft am Boden. Dieser starke Temperaturgegensatz führte zu hohen Niederschlagsmengen, die den Nordrand der Alpen erreichten. Die Erhebungen der Alpen wirkten zudem als zusätzliche Kondensationsfläche, was die Regenmengen weiter erhöhte.
Häufen sich Extremwetterereignisse durch den Klimawandel? Wie äußert sich dies in Vorarlberg?
Orlik Es gibt Hinweise darauf, dass Extremwetterereignisse zunehmen. Großräumige Ereignisse zeigen einen leichten Anstieg, während kleinräumige Ereignisse in größeren Abständen auftreten, jedoch in ihrer Heftigkeit und Intensität zunehmen. Insgesamt geht durch den Klimawandel der Permafrost in hochalpinen Regionen zurück, was die Gefahr von Bergstürzen erhöht. In den Sommermonaten wird ein Rückgang der Niederschläge erwartet, während sie in den Frühjahrs- und Wintermonaten eher zunehmen. Über 2000 Meter kann dies noch durchaus Schnee bedeuten, weil es dort noch kalt genug sein wird. In tieferen Lagen wird es im Winter eher regnen als schneien.

Brauchen wir als Gesellschaft mehr “Unwetterverständnis”? Sollten wir uns vermehrt für Hochwasser bzw. lange Hitzeperioden rüsten?
Orlik Vorbereitung ist immer sinnvoll. Es ist wichtig, sich auf mittelfristige und langfristige Veränderungen einzustellen. Österreichs Klimapolitik ist dabei entscheidend, aber wir sind auch vom globalen Handeln abhängig. Es ist sinnvoll, die größten Auswirkungen abzumildern und sich auf veränderte Niederschlagsmuster sowie Hitzebelastungen vorzubereiten. Dies betrifft sowohl die Vegetation als auch den Menschen.
Lassen sich bereits Prognosen für den kommenden Sommer ableiten? Wird sich diese nasse Wetterlage halten?
Orlik Es ist schwierig vorherzusagen, wie der Sommer verlaufen wird, da es trotz Klimawandel auch kühlere Monate geben kann. Die Großwetterlage über dem Atlantik wird entscheidend sein. Die Bodenfeuchtigkeit spielt ebenfalls eine Rolle: Feuchte Böden begünstigen bei Hochdruckwetterlagen die Entstehung von Gewittern. Aufgrund des warmen, aber feuchten Frühlings – der Mai brachte in Österreich um 41 Prozent mehr Niederschlag als im vierteljährlichen Mittel – und des nassen Juni-Beginns kann es ein durchwachsener Sommer werden.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Youtube angezeigt.
Das war der Mai 2024
Vorarlberg
Niederschlagsabweichung: 41%
Temperaturabweichung: +0.5 °C
Abweichung der Sonnenscheindauer: -20%
Temperaturhöchstwert Bregenz (424 m): 27.3 °C am 1.5.
Temperaturtiefstwert (Gipfel/Hochalpin) Laterns (1559 m): 0.3 °C am 31.5.
Temperaturtiefstwert unter 1000 m Schoppernau (839 m): 1.2 °C am 4.5.
höchstes Monatsmittel der Lufttemperatur Feldkirch (438 m): 15.1 °C, Abw. +0.7 °C
höchste Sonnenscheindauer Rohrspitz (395 m): 183 h, Abw. k.A.