Sozialarbeiterin in Hannes-Grabher-Siedlung: “Keiner hat mir die Tür vor der Nase zugemacht”

Sozialarbeiterin Sandra Wohlgenannt (42) arbeitet in der Hannes-Grabher-Siedlung und bringt dort die Menschen zusammen.
Lustenau An die ersten Monate in der Hannes-Grabher-Siedlung vor gut zwei Jahren erinnert sich die Sozialarbeiterin Sandra Wohlgenannt von der Fachstelle Zusammen.Leben noch gut: “Ich habe mich bei allen 150 Wohnungen durchgeklingelt, mich bei den Menschen vorgestellt und ihnen erklärt, was ich hier mache”, sagt die Dornbirnerin mit einem Lächeln. Was ihr sofort aufgefallen ist: Die Herzlichkeit und die Gastfreundschaft der Bewohner. “Keiner hat mir die Tür vor der Nase zugemacht. Jeder war froh, dass jemand hier ist, der sich ihrer Anliegen annimmt”, erklärt sie. Im Gespräch mit den Bewohnerinnen und Bewohnern merkte sie bald, mit welchen Herausforderungen sie zu tun haben und was es braucht, damit sie sich in der Siedlung wohlfühlen.

Siedlungsanalyse brachte Klarheit
Im Zuge einer Siedlungsanalyse von Gemeinde, Kaplan Bonetti und dem ifs wurden alle Bewohner gefragt, wo sie Unterstützung brauchen, was in der Siedlung fehlt und was sie sich wünschen. Ein großes Anliegen von ihnen war unter anderem ein neuer Spielplatz und Außenbereich, bei dem sich alle verweilen und gemeinsam etwas erleben können. Dieser wurde im Zuge eines Beteiligungsprojektes diesen Sommer umgesetzt. Federführend dafür waren die Bewohnerinnen und Bewohner, der Spielraumplaner Günter Weiskopf und die Vogewosi, “Vieles von dem, was sie angeführt haben, haben wir nach und nach verwirklicht. Die Menschen hier merken, sie werden gehört und sie sind uns wichtig”, sagt Wohlgenannt.

Sie ist gerne in der Siedlung. “Ich mag die Bewohner. Jeder mit seiner individuellen Geschichte. Zudem darf ich sehr vieles von ihnen lernen”, erklärt sie. Die Herzlichkeit der Sozialarbeiterin kommt in der Vogewosi-Siedlung gut an. “Nach meinem Urlaub kamen zwei zu mir, die mir erzählt haben, dass sie ihren Antrag auf einen Wohnungswechsel wieder zurückgezogen haben, weil sie nun gerne hier wohnen”, erzählt sie stolz. Ihr großes Ziel ist es nämlich, dass sich die Menschen hier heimisch fühlen und stolz darauf sind, Teil dieser Gemeinschaft zu sein.

Gemeinschaft entwickeln
Damit ein Miteinander entsteht, hat Sandra Wohlgenannt schon einige Aktionen gesetzt, bei denen Begegnungen stattfinden. “Wir haben beispielsweise gemeinsam ein Public Viewing in einem großen Raum hier in der Siedlung veranstaltet. Aber auch Kaffee und Kuchen biete ich regelmäßig an. Wir haben nun sogar eine eigene Aktivgruppe”, sagt sie. Damit sind sechs Bewohner gemeint, die sich aktiv mit Sandra Wohlgenannt einbringen. Die fröhliche Frau bringt Schwung in die Siedlung und hat viele Ideen, wie das Zusammenleben attraktiv wird. “Meine Arbeit ist ganz niederschwellig und lebt vom persönlichen Kontakt mit den Menschen”, sagt sie. Hinzu kommt, dass sie den Menschen hier etwas zutraut, gemeinsam anzupacken. Im Gegenzug erntet sie Vertrauen von ihnen. “Viele sind es nicht gewohnt, dass man sie fragt, was sie dazu meinen und dass sie sich beteiligen dürfen”, erklärt sie. Sie selbst sieht sich als Motor am Anfang, danach läuft vieles von selbst. Ein weiterer Punkt für die Entstehung einer Gemeinschaft ist eine kulturelle und altersmäßige Durchmischung. “Es ist wichtig, dass hier ältere und jüngere, Studenten und Menschen aus verschiedenen Kulturen wohnen. So kann ein befruchtendes Zusammenleben in der Siedlung entstehen. Dazu haben wir neue Belegungskriterien entwickelt.”

Vielfältige Hilfe
Die Sozialarbeiterin unterstützt in ihrem Büro die Bewohner beim Ausfüllen von Formularen, Unklarheiten bei der Sozialhilfe, hört zu und nimmt sich unterschiedlichen Anliegen an. Sie hat eine Beziehung zu den Bewohnern aufgebaut. Aktuell ist sie für zehn Stunden in der Siedlung angestellt. “Der Bedarf wäre sogar noch mehr”, erzählt sie. Denn mittlerweile kommen immer mehr Bewohner auf sie zu und möchten sich mit ihr im Sinne einer guten Gemeinschaft einbringen. Am 20. Oktober freuen sich die Bewohner auf die offizielle Eröffnung des Spielplatzes, des neuen Pumptracks und des Radwegs, die allesamt in und um die Siedlung neu geschaffen wurden. Sie alle merken: Es tut sich was in der Hannes-Grabher-Siedlung. BVS