Schweigen aus Selbstschutz nach den Schüssen vor dem Sender

Türsteher und jener Mann, der Ali D. das Auto an diesem Abend gab, standen wegen Falschaussage vor Gericht.
Feldkirch Es sei einzigartig, dass die Zeugen in einem Fall so geschlossen dicht machten, lässt Richterin Lisa Pfeifer bei der Urteilsverkündung am Freitagmittag. Der Fall: Die Schüsse im Jänner 2024 vor dem Sender in Lustenau. Die Angeklagten: drei Türsteher, ein Barkeeper und jener Mann, der Ali D. an diesem Tag sein Auto überließ. Sie mussten sich wegen Falschaussage zugunsten des Tatverdächtigen und damit Begünstigung verantworten. Keiner wollte die Schüsse gesehen haben und den Täter nicht kennen, doch das Überwachungsvideo zeigte anderes. Es war nach Dienstag bereits der zweite Prozess in der Causa.
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Anfangs waren jedoch nur die halbe Anklagebank gefüllt. Zwei hatten sich in der Uhrzeit vertan, ein sechster krankgemeldet. Wie aus einem Mund die Selbsterklärung der Angeklagten: Ja, man habe falsch ausgesagt. Nein, dies tat man jedoch nicht zum Vorteil des Schützen. Vielmehr war Angst das treibende Thema. “Die sind wie Ameisen, da gibt es immer mehr als nur einen”, erklärt einer der Türsteher der Richterin. “Wäre ich der einzige gewesen, der was gesagt hätte, wäre ich dran gekommen.” Keiner wollte sich in den Drogenkrieg zwischen den beiden Gruppen, die sich überwiegend jeweils aus Türken und Tschetschenen bilden, reinziehen lassen. So auch der frühere Barkeeper, der den Schusswechsel nur am Rande mitbekam: Man habe im Lokal zwar nie Probleme gehabt mit den beiden Ethnien. Doch auch gerade deshalb hätte er nicht einschätzen können, wer bei einer zu klaren Aussage vor der Polizei Probleme machen würde.
Keiner wollte sich angreifbar machen
Keine Präferenzen zu haben, ist auch den Türstehern wichtig. So leisteten zwei dem angeschossenen Tschetschenen Ersthilfe. Einer der Türsteher deutete an, dass durchaus klar gemacht wurde, dass die Gruppe rund um die Opfer die Sache selbst in die Hand nehmen würden. “Es war klar, ich hätte zahlen müssen, wenn ich was sage”, lässt ein 33-jähriger Türsteher durchblicken. “Sie hätten mich verprügelt, wenn nicht schlimmeres.” Daher auch wenig Verständnis für den Vorwurf, die angeklagten Mitarbeiter des Clubs wollten den Täter decken: Dieser war bereits wegen einer anderen Schussabgabe auf der Fahndungsliste. Und nun hatte er auch die auf Rache dürstenden Tschetschenen an der Backe, so die allgemeine Überzeugung. Da wollte man sich nicht exponieren, sind sich alle einig. Aber von Absprachen, nichts zu sagen, könne nicht die Rede sein. Und wer versuchte, das Video der Überwachungskamera zu löschen, bleibt ebenfalls offen.
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Auch jener 29-Jährige, der Ali D. an diesem Abend sein Auto überließ, zeichnet ein Bild der Angst. So sei er mit dem Schützen nicht befreundet, kenne ihn aber. Als dieser kam, um sich das Auto auszuleihen, habe er keine Fragen gestellt – und auch nicht, als es am Tag danach beschädigt wieder zurückgebracht wurde. “Nur weil ich mich an die Polizei wende, heißt das noch nicht, dass er mir und meiner Familie nichts tun kann”, betont er gegenüber der Richterin.
Schuldsprüche
Schlussendlich wurden alle fünf für schuldig befunden. Die Haftstrafen sind bedingt und damit nicht zu verbüßen, die Geldstrafen aber zu bezahlen. Jener Türsteher, der bereits im Jänner aussagte und dadurch die Ermittlungen tatsächlich verschleppte, fasst sechs Monate und 9000 Euro Strafe aus. Ein weiterer Türsteher vier Monate und 4200 Euro, dem dritten wurde zu einer bedingten Haftstrafe aus einem Begleitverfahren eine Geldstrafe von 1500 Euro hinzugefügt. Bei ihnen blieb es beim Versuch der Begünstigung, so auch beim Autobesitzer. Gegen diesen werden vier Monate wie auch 7200 Euro Strafe verhängt. Beim Barkeeper reicht eine Geldstrafe von 1440 Euro rein für die Falschaussage. Ihm wird geglaubt, dass er den Täter nicht kannte.