NS-Zeit in Bildern: Einblicke in ein begeistertes Vorarlberg

Vorarlberg / 20.01.2025 • 09:15 Uhr
Kreisappell der NSDAP 1940 am Adolf-Hitler-Platz, heute Kornmarktplatz in Bregenz. Gauleiter Franz Hofer (1902-1975) hielt eine Ansprache vor den verschiedenen Formationen und Jugendorganisationen der NSDAP. Sammlung Werner Schlegel, Vorarlberger Landesbibliothek

Die Geschichte des Landes in Bildern: Werner Schlegel – jung, modern und Nazi.

Von Thomas Feurstein und Severin Holzknecht, Vorarlbergensien der Vorarlberger Landesbibliothek

Bregenz Der Bregenzer Fotograf Werner Schlegel (1908-1945) war früh begeisterter Nationalsozialist, was sich in seinem fotografischen Werk widerspiegelt. Er dokumentierte zwischen 1938 und 1941 die Aktivitäten der neuen Machthaber in ca. 4000 Fotos. Lange waren die Negative verschollen, ehe sie 2016 auf einem Flohmarkt angeboten wurden.

Werner Schlegel wuchs in Bregenz auf, machte bei Risch-Lau die Fotografenlehre und arbeitete schließlich im Fotoatelier Immler. Bereits 1933 Mitglied der damals noch verbotenen NSDAP, legte er 1936 Fotografen-Meisterprüfung ab, wurde 1941 zum Kriegsdienst eingezogen und fiel 1945 an der Ostfront.
Die Durchdringung aller Lebensbereiche reichte bis in den Kindergarten. Die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt betrieb auch auf dem Land Kindergärten wie in Mellau oder Schoppernau. Schon die Kleinsten wurden dabei motiviert den Erwachsenen den Hitlergruß gleichzutun.
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Die Fotos zeigen zwar nationalsozialistische Propaganda in ganz Vorarlberg, der Schwerpunkt liegt jedoch auf Bregenz und Umgebung. Hier wird der Bregenzer Bahnhof mit Hakenkreuzen und einem Bekenntnis zum „Führer“ dekoriert.
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Robert Ley, der Führer der Deutschen Arbeitsfront, besucht am 24. Mai 1938 die Textilfirma Kastner in Thüringen. Er verspricht dabei eine baldige wirtschaftliche Erholung und ein Aufblühen der Arbeiterschaft unter dem Nationalsozialismus. Robert Ley wurde nach Kriegsende in den Nürnberger Prozessen angeklagt, beging jedoch vor der Urteilsverkündigung Selbstmord.

Auf Umwegen ist der wertvolle Bestand nun in den Besitz der Vorarlberger Landesbibliothek gelangt. Dort wurden die Fotos digitalisiert, katalogisiert und werden ab dem 24. Jänner auf der Plattform volare (www.vorarlberg.at/volare) online zu sehen sein. Gleichzeitig eröffnet im vorarlberg museum unter dem Titel “Wir waren begeistert. Warum?” eine Ausstellung, die anhand der Schlegel-Fotos die Propaganda der Vorarlberger Nationalsozialisten und deren Folgen zeigt.

Während die Mädchen auf ihre Aufgabe als Ehefrau und Mutter vorbereitet werden sollten, war den Jungen eine Zukunft als Soldat bestimmt. Am Ende fielen rund 8000 Vorarlberger auf den verschiedenen Schlachtfeldern des Zweiten Weltkrieges.

Wir waren begeistert. Warum?

Das NS-Regime sah in der Erziehung der Jugend im Sinne des Nationalsozialismus einen Garanten der eigenen Herrschaft. Entsprechend versuchte das Regime, die Jugendlichen für sich zu vereinnahmen. „Wer die Jugend hat, dem gehört die Zukunft.“

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Die in der Zwischenkriegszeit konstant niedrigen Geburtenraten bewegten die Nationalsozialisten dazu, den Albdruck vom Aussterben des deutschen Volkes an die Wand zu malen. Muttererholungsheime wie jene in der Villa Liebenstein in Bregenz sollten im Verbund mit weiteren Maßnahmen werdenden Müttern die Niederkunft erleichtern und die Geburtenzahlen steigern.
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Zahlreiche junge Menschen faszinierte der Nationalsozialismus. Sie erwarteten sich eine bessere Zukunft, eine Möglichkeit den gesellschaftlichen Konventionen zu entfliehen und vielleicht auch Abenteuer.
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Für manche Jungen und Mädchen war die Zeit des militärischen Drills in HJ und BDM eine traumatisierende Episode. Andere wiederum erinnerten sich zeitlebens lieber an die Wanderungen und die zahlreichen Gelegenheiten, dem Schulunterricht fernzubleiben.
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Um die Jungen und Mädchen dem Einfluss der Eltern, der Lehrer und der Kirchen zu entziehen wurden die Hitlerjugend und der Bund Deutscher Mädel zu Massenorganisationen ausgebaut. Die Militarisierung der Gesellschaft und die Indoktrination der Jugend im Sinne des NS-Regimes war das Ziel.
Der Alltag im „Dritten Reich“ war für viele jedoch weit harmloser, selbst wenn klassische Feiern – wie das im Bild abgebildete Erntedank 1938 – im Sinne der Diktatur instrumentalisiert wurden.

Alltag unter dem Hakenkreuz. Leben für die „Volksgemeinschaft“

Das NS-Regime versuchte zwischen 1933 und 1945 jeden Aspekt des gesellschaftlichen Lebens zu durchdringen. Das rassistische Ideal der „Volksgemeinschaft“ aller „arischer“ Deutscher sollte umgesetzt und jeder, der diesem Konzept nicht entsprach, vertrieben oder vernichtet, Widerstand im Keim erstickt werden. Die Mitglieder der „Volksgemeinschaft“ wurden hingegen durch das Regime in zahlreiche Aktivitäten miteingebunden. Werner Schlegel dokumentierte diese Anlässe mit seiner Kamera.

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Die Wirtschaft wurde im Bündnis mit einem Gutteil der Unternehmerschaft gleichgeschaltet und auf den von Anfang an geplanten Krieg vorbereitet. In der „Betriebsgemeinschaft“ sollte die Symbiose zwischen väterlichem Unternehmer und gefügiger Belegschaft verwirklicht werden.
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In Nachahmung der christlichen Kirchen und der Sozialdemokratie schuf sich der Nationalsozialismus einen eigenen Festkalender, wobei auch Feiertage anderer Ideologien – wie etwa der sozialdemokratische Tag der Arbeit – vereinnahmt wurden.
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Diese Feiertage waren jedoch weniger zur Erholung der arbeitenden Männer und Frauen gedacht, sondern hatten vielmehr den Zweck, die Bevölkerung für das NS-Regime zu mobilisieren, wie hier am 1. Mai in Bregenz.
Nach dem „Anschluss“ 1938 fanden in Vorarlberg regelmäßig Großveranstaltungen, Aufmärsche und Kundgebungen statt.

Die Welt ist eine Bühne. Propaganda für den „Führer“

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„Feiertage“ im weitesten Sinne waren auch die Besuche hochrangiger NS-Politiker wie etwa dem Reichsminister des Inneren Wilhelm Frick, Reichsjugendführer Baldur von Schirach oder wie hier im Bild von Reichsstatthalter Arthur Seyß-Inquart.

Propaganda in all ihren verschiedenen Ausprägungen war ein zentrales Mittel der Nationalsozialisten in ihrem Streben nach absoluter Macht und Herrschaft. Werner Schlegel begleitete von 1938 bis 1940 zahlreiche solcher Veranstaltungen in Vorarlberg mit seiner Kamera und dokumentierte sie dadurch für die Nachwelt.

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Kreisappelle, wie jener 1939 in Bregenz, gehörten zu jenen regelmäßigen Anlässen, an denen sich die NSDAP als mächtige und allumfassende Herrin Deutschlands – und Vorarlbergs – inszenieren konnte.
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Aufmärsche wurden jedoch nicht nur in den Städten durchgeführt, sondern auch am „flachen Land“. Schlegel begleitete etwa einen Aufmarsch der SA in Wolfurt im Sommer 1940.
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Am 8. November gedachten die Nationalsozialisten alljährlich den eigenen Opfern des misslungenen Putsches von 1923. So auch 1938 in Bregenz. Gleichzeitig brannten im gesamten Deutschen Reich die Synagogen.
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Die Militarisierung der Gesellschaft wurde durch den Nationalsozialismus vorangetrieben. Der „Führer“ benötigte für seine Expansionspolitik Soldaten, die Befehle ohne Zögern ausführten. Paraden und Aufmärsche der Wehrmacht waren auch in Vorarlberg Alltag.

Online auf volare www.vorarlberg.at/volare, ab dem 24. Jänner 2025

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