Zum Weltfrauentag: Das Private bleibt politisch

Rollenbilder sorgen für verhärtete Barrieren. Viele Frauen leben in Abhängigkeit statt in Gleichwertigkeit
Gastbeitrag von Femail-Geschäftsführerin Lea Putz-Erath
Feldkirch Der Internationale Frauentag ist kein Marketinggag. Er ist kein Tag, an dem mit Lippenbekenntnissen zur Gleichstellung ein Ablasshandel für 364 weitere Tage der Gleichgültigkeit erwirkt werden kann. Er ist ein Tag, an dem wir stolz auf die Errungenschaften der Frauenbewegungen zurückschauen können und gleichzeitig die ganze Kraft zu jenen Aufgaben lenken, die noch vor uns liegen.
Frauen haben in den letzten Jahrzehnen bei Bildung und Ausbildung enorm aufgeholt, teilweise die Männer sogar überholt. 1971 verfügten 70 Prozent der Frauen lediglich über einen Pflichtschulabschluss. 2023 liegt der Wert nur noch bei 20 Prozent. Trotzdem fallen noch immer zu viele Frauen in jene Bevölkerungsgruppe mit dem höchsten Risiko für Arbeitslosigkeit und Armut.
“Teilzeit-Revolution”
Die vom Institut für Familienforschung benannte „Teilzeit-Revolution“ in Österreich ermöglichte Frauen ab den 1990er Jahren einen verstärkten Wiedereinstieg in Erwerbsarbeit und prägte das familiäre Zuverdienstmodell. Gepaart mit dem Faktum, dass bei uns die Berufswahl enorm vom Geschlecht abhängig ist, bauen ganze Branchen ihre Beschäftigungsmodelle auf Teilzeit auf. Das System der sozialen Sicherung ist in unserem Land jedoch an der Vollzeitbeschäftigung orientiert. Dies bedeutet für viele Frauen in Teilzeit eine nicht nur finanzielle Abhängigkeit vom Partner. Insbesondere Alleinerzieherinnen und Pensionistinnen sind als direkte Folge von Armut und all ihren Folgen betroffen.

Viele Barrieren
Seit der Eherechtsreform in den 1970er Jahren dürfen Frauen aus rechtlicher Sicht selbst bestimmen, ob und wie sie erwerbstätig sein wollen. Bis heute stehen jedoch für die Entscheidung (mehr) arbeiten zu gehen vor allem für sorgetätige und haushaltsführende Frauen wirklich viele Barrieren im Weg. Zu viele Frauen hören von den engsten Angehörigen als Antwort auf ihre beruflichen Vorstellungen: „Das kannst du schon machen, aber für uns darf sich nichts ändern.“ oder „Wo bleiben die Kinder?“ Viele nehmen diese Reaktionen vielleicht schon vorweg und wagen es erst gar nicht, an neue berufliche Pläne oder Weiterentwicklung zu denken.
Es sind vor allem die gesellschaftlich geprägten Normvorstellungen, Werthaltungen und Geschlechterrollenbilder, die private Entscheidungen enorm beeinflussen. Darum bleibt das Private politisch. Es fehlt seit Jahren eine Österreichische Gesamtstrategie, die von der Bundesregierung abwärts, über alle politischen Ebenen hinweg die UN Frauenrechtskonvention (Österreich hat sie 1982 ratifiziert) wirklich ernst nimmt.