Zeckenschutzmittel: Gute Natur, böse Chemie?  

Vorarlberg / 21.03.2025 • 14:35 Uhr
Zeckenschutzmittel: Gute Natur, böse Chemie?  
Lisa aus Feldkirch und Dackel Camillo sind ein tierisch gutes Team. VN/STeurer

“Tierisch interessant”: Dass Vierbeiner vor Parasiten geschützt werden müssen, daran zweifeln Tierbesitzer in der Regel nicht. Für reichlich Diskussionsstoff sorgt aber die Wahl der Mittel.

Feldkirch Haben Sie auch schon die erste Zecke an Ihrem Haustier gefunden? Mit den aktuell frühlingshaften Temperaturen geht es wieder los: Die Zecken krabbeln Pflanzenstängel hinauf und lauern auf Opfer. Kommt beispielsweise ein Hund des Weges, kann die Zecke über eine Distanz von bis zu fünf Metern dessen Geruch, seine Atemluft und auch kleinste Erschütterungen wahrnehmen. Sie bringt sich in Position und lässt sich quasi im Vorübergehen abstreifen. Sehen kann sie ihre Opfer nicht, denn Zecken haben keine Augen.

Tanja Warter Tierisch interessant
Tanja Warter ist Tierärztin aus Bregenz.

Am Tier sucht sich die Zecke eine geeignete Position zum Zubeißen. Beliebt: Kopf und Ohren, Achseln oder die Leistengegend. Sie beißt sich fest, saugt Blut und kann gefährliche Krankheiten übertragen. Der Schutz vor diesen Parasiten gehört zu den Grundpfeilern der Tiergesundheit.

Allerdings werden in Online-Foren werden oft Schreckensmeldungen verbreitet. Es gibt Facebook-Gruppen mit zigtausenden Mitgliedern, die sich nur über die vermeintlichen Gefahren der Zeckenbekämpfung unterhalten. Hier werden teils haarsträubende Zusammenhänge hergestellt. Sie können mir glauben: Ein Milztumor bei einem Hund kann nicht durch die drei Tage vorher verabreichte Zeckentinktur entstanden sein. Medikamente werden oft geächtet, stattdessen Kokosfett, Essigwasser, Zitronensaft, Knoblauch oder Teebaumöl als Schutzmittel gefeiert. Was ist dran an der Wirksamkeit dieser Mittel?

Feature Wetter, Herbst am Zanzenberg mit Model Lisa
Mit den warmen Temperaturen steigt auch die Zeckengefahr.

Grundsätzlich ist über Nutzen und Schädlichkeit natürlicher Zeckenmittel wissenschaftlich nicht viel bekannt. Deshalb lassen sich einzelne Therapieerfolge weder gänzlich ausschließen noch seriös bestätigen. Anders bei Präparaten vom Tierarzt. Sie wurden nach strengen Standards auf Wirksamkeit und Unschädlichkeit geprüft. Das bedeutet allerdings nicht, dass es keine Nebenwirkungen gibt. Selten können beispielsweise Hautreizungen bei Mitteln zum Auftropfen oder leichte Magen-Darm-Verstimmungen bei Tabletten auftreten. Aber auch natürliche Mittel sind nicht automatisch frei von Nebenwirkungen. Wer beispielsweise Teebaumöl einsetzt, kann unter Umständen eine allergische Reaktion hervorrufen, die dem Vierbeiner schwer zu schaffen macht.

Tierisch intererssant
Zur wirkungsvollen Vorsorge gehört auch das regelmäßige, am besten tägliche Absammeln der Zecken.

Die Vermutung „Natur ist gut und Chemie ist schlecht“ stimmt so nicht. Nebenbei: Die ganze Natur besteht aus „Chemie“, man kann sogar an einer Wasservergiftung sterben. Wie sehr wir es uns auch wünschen würden: Das perfekte, nachhaltig wirksame und vollkommen nebenwirkungsfreie Mittel ist leider noch nicht erfunden. Deshalb gilt bei führenden Parasitologen der Grundsatz: Von den wirksamen Medikamenten so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Zur wirkungsvollen Vorsorge gehört auch das regelmäßige, am besten tägliche Absammeln der Zecken. Grauselig? Für viele Menschen ja, aber man gewöhnt sich mit der Zeit daran. Versprochen. Tipps dazu: Am besten eine Zeckenzange nehmen und die Zecke so dicht wie möglich an der Haut fassen. Jetzt ziehen Sie sanft an und zählen bis 30. In der Regel lässt sich der Blutsauger dann ganz leicht herausziehen. Drehen Sie die Zange nicht, denn Zecken haben kein Gewinde. Verzichten Sie auch auf Öl, Klebstoff oder was sonst alles empfohlen wird. In ihrem Todeskampf spuckt die Zecke ihren Speichel samt Krankheitserregern dann erst recht mit Hochdruck in ihr Opfer – das Risiko einer Infektion steigt also. Die entfernte Zecke sollte unschädlich gemacht werden. Aber bitte nicht im Waschbecken oder der Toilette, denn Zecken können nicht ertrinken. Tut mir leid, wenn ich das als Tierärztin an dieser Stelle empfehlen muss: Man zerdrückt sie am besten mit einem harten Gegenstand und wirft sie in den Müll.    

Die Serie „tierisch interessant“ wird unterstützt vom Land Vorarlberg