Warum Schulpflicht jetzt noch mehr auch für Eltern gilt

Saftige Strafen bei wiederholter Verletzung gesetzlicher Vorschriften. Minister Wiederkehr macht ernst.
Wien, Bregenz Anlässlich eines Interviews bei Vorarlberg Live machte Bildungsminister Christoph Wiederkehr (35, Neos) bereits im Mai klar: “Wir werden Eltern bei wiederholten Verstößen gegen gesetzliche Vorschriften zur Verantwortung ziehen und auch Verwaltungsstrafen verhängen.”
Seinen Ankündigungen lässt der junge Minister nun Taten folgen. Im Gefolge des geplanten Kopftuchverbots bis zur achten Schulstufe stellt er Strafen für unkooperative Eltern in Aussicht. Bei schweren Pflichtverletzungen drohen Sanktionen bis zu 1000 Euro. Vorausgesetzt: Die Eltern verweigern jegliche Kooperation bei schwerwiegenden Regelverstößen ihrer Sprösslinge. Dazu zählen Schulschwänzen genauso wie die Nichteinhaltung eines allfälligen Kopftuchverbots oder die Verweigerung des verpflichtenden Besuchs der Sommerschule.

Bezirk Feldkirch an der Spitze
Freilich, Verwaltungsstrafen gab es wegen Verletzung der Schulpflicht schon bisher. In Vorarlberg waren es 478 im Jahr 2024, mit einer Gesamtstrafsumme von 88.840 Euro. Die meisten Strafen gab es im Bezirk Feldkirch mit 154 Verstößen, gefolgt von Bregenz mit 119, Dornbirn mit 112 und Bludenz mit 93.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Sonstige angezeigt.
Der jetzt neu definierte und erweiterte Strafenkatalog für Eltern, die das Schulgesetz missachten, stößt in Vorarlberg auf unterschiedliche Reaktionen. “Strafen sollten das allerletzte Mittel sein”, meint Michael Tagger (62), Sprecher des Elternverbandes. “Gleich mit der Strafkeule zu drohen, macht keinen Sinn und wird wohl auch nichts bringen. Ich bin da sehr skeptisch. Wir haben das Thema im Landeselternverband schon diskutiert und sind uns da einig. Wir müssen alles tun, um so etwas zu verhindern.”

Zwiespältig
Direktor Christof Wund (62) von der Volksschule Lustenau Kirchdorf spricht in diesem Zusammenhang von einem Problem, das er bisher nicht habe. “Ich mache die Regeln und die Verpflichtungen auch für die Eltern am Beginn eines Schuljahres klar. Aber ich würde natürlich nicht zögern, Verstöße gegen die Schulpflicht oder ein Kopftuchverbot bei der Kinder- und Jugendhilfe anzuzeigen, sollte das notwendig sein.”
Gerold Zangerl (58), Direktor der Mittelschule Feldkirch Oberau, sieht die neue Regelung zwiespältig. “Es ist prinzipiell gut, dass du als Direktor für alle Fälle ein wirksames Instrumentarium in der Hand hast. Ob die Anwendung dessen zum Erfolg führt, wage ich zu bezweifeln.” Mit 430 Schülerinnen und Schülern zählt die Mittelschule Feldkirch Oberau zu den größten ihrer Art in Vorarlberg. 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen haben einen migrantischen Hintergrund. Sollte das Kopftuchverbot kommen, wird es der Schulleiter mit all seinen Möglichkeiten umzusetzen versuchen.

“Mehr Chancengerechtigkeit”
“Wir Lehrer wollen sicher nicht die Vollzieher von Strafmaßnahmen für diese Maßnahmen sein”, zeigt Alexander Frick (58), Pflichtschullehrervertreter, keine Begeisterung für das Vorhaben von Minister Wiederkehr. Die Implementierung des Kopftuchverbots sieht er als schwierig an, den verpflichtenden Besuch der Sommerschule interpretiert der Lehrervertreter als Verstoß gegen das Schulzeitgesetz. “Das Kopftuchverbot dürfte den Gleichheitsgrundsatz verletzen, sollte es nicht ähnliche Maßnahmen gegen andere Religionsgruppen geben.”
Für Bildungsminister Christoph Wiederkehr sind die geplanten Sanktionen ein Gewinn. “Sie sind eine Maßnahme für mehr Chancengerechtigkeit”, ist er überzeugt.