Lose Koalition statt Spiel der freien Kräfte: Bregenzer Stadtpolitik schlägt neuen Kurs ein

Vorarlberg / 26.03.2025 • 14:21 Uhr
Bregenz Stadtvertretung
Am Mittwoch wurde das Arbeitsprogramm von SPÖ und ÖVP offiziell unterzeichnet. VN/GER

SPÖ und ÖVP vereinbaren Arbeitsprogramm. Auch eine City-Maut ist Thema.

Bregenz Jetzt ist es fix! Die Bregenzer Stadtpolitik schlägt einen neuen Kurs ein. SPÖ und ÖVP haben sich auf eine Zusammenarbeit geeinigt. Roland Frühstück (ÖVP) wird, vorbehaltlich seiner Wahl durch die Stadtvertretung, Vizebürgermeister. Mit der FPÖ wurde eine themenbezogene Vereinbarung zur Fußgängerzone, zum Bahnhof, zu den Rad- und Fußgängerunterführungen in der Vorklostergasse und am Hafen, zum unterirdischen Bahnausbau sowie zum Hotel und der Hochgarage im Festspielbezirk unterzeichnet. In der letzten Periode gab es in der Landeshauptstadt ein Spiel der freien Kräfte.

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“Es ist keine klassische Koalition, sagt Bürgermeister Michael Ritsch.

Es sei keine klassische Koalition, sagt Bürgermeister Michael Ritsch (SPÖ), „aber wir haben mit diesem Arbeitsprogramm eine Zusammenarbeit fixiert. Themen, die nicht in diesem Arbeitsprogramm stehen, versuchen wir im sogenannten Koordinationsausschuss zu klären, was aber nicht heißt, dass wir oder die ÖVP in der einen oder anderen Frage vielleicht anders abstimmen. Aber unser gemeinsames Ziel ist, dass wir, die von fast 75 Prozent der Bregenzer gewählt wurden, die Stadt gemeinsam positiv gestalten wollen und alle anderen Fraktionen miteinbinden“, erläutert er. Roland Frühstück nennt es eine lose Koalition.

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Die Zusammenarbeit ist besiegelt.

Die SPÖ holte bei der Stadtvertretungswahl 42,71 Prozent der Stimmen, die ÖVP 30,14 Prozent, dahinter folgen die FPÖ (11,2 Prozent), die Grünen (10,99 Prozent) und die Neos (4,96 Prozent). Gemäß dem Wahlergebnis stellt die SPÖ neben dem Bürgermeister vier Stadträte, die ÖVP drei, FPÖ und Grüne bekommen jeweils einen Sitz im Stadtrat.

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Die Stadträte von SPÖ und ÖVP. FPÖ und Grüne stellen jeweils einen Stadtrat.

Über das knapp 30-seitige Arbeitsprogramm wurden vier Leitlinien gestellt: Nachhaltigkeit und Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Transparenz sowie wirtschaftliche Stärke. „Wir waren uns relativ rasch in den wichtigsten Themen für Bregenz einig, haben dann aber in vertiefenden Gesprächen auch versucht, Punkte, die in der Vergangenheit vielleicht nicht so klar waren, gemeinsam auf Schiene zu bringen“, berichtet Ritsch. Der designierte Vizebürgermeister Frühstück ergänzt: „Es war uns wichtig, dass dieses Arbeitsprogramm kein Minimalkompromiss ist. Es soll ein echtes Zukunftsprogramm sein, das auf Gemeinsamkeiten aufbaut, aber auch zeigt, dass Kompromisse über die Parteigrenzen hinaus möglich sind, wenn der Respekt stimmt.“

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Das Arbeitsprogramm “Zukunft Bregenz 2025-2030” ist 30 Seiten stark.

Eine themenbezogene Vereinbarung mit den Grünen sei nicht nötig gewesen, weil die Partei bei den mit der FPÖ vereinbarten Themen eine klare Haltung habe. Auch Michael Sagmeister von den Neos werde diese Themen “zu 100 Prozent unterstützen, was bei der FPÖ in den letzten Jahren nicht immer ganz klar war”, merkt Ritsch an.

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Roland Frühstück zieht ins Vizebürgermeister-Büro.

Im Programm festgeschrieben ist unter anderem ein City-Maut-System. „Wir haben nur vier Stadteinfahrten. Mit einer digitalen Maut wäre es einfach möglich, dass jemand, der innerhalb einer halben Stunde zwei Portale passiert, zahlt“, führt Ritsch aus. Da es sich um Landesstraßen handelt, sei eine Umsetzung aber nur gemeinsam mit dem Land möglich. „Wir wären auch gerne ein Pilotprojekt“, unterstreicht Frühstück.

Anpassungen sind unter anderem bei der Fußgängerzone geplant. Anrainer sollen künftig die Gebühr für die Zufahrtsgenehmigung in Form einer Wirtschaftsförderung rückerstattet bekommen und Hotelgäste rund um die Uhr zu den Hotels zufahren dürfen. Auch bei der Parkraumbewirtschaftung sind Optimierungen und eine Überprüfung vorgesehen. Ebenfalls auf der Agenda: eine Strategie für ein effizienteres Leerstandsmanagement, eine neue, 40-mal-20-Meter große Trainingshalle für Sportvereine und der Umbau des Metro-Kinos zu einem vielseitigen Kultur- und Veranstaltungszentrum mit Gastronomie, in dem Filmvorführungen, Ausstellungen, Kongresse und andere Veranstaltungen stattfinden können. Die konstituierende Sitzung der Stadtvertretung findet am 10. April statt.  

Stadträte und Ressorts

Bürgermeister Michael Ritsch, SPÖ: Finanz- und Personalangelegenheiten, Stadtarchiv, Internationale Angelegenheiten und Städtepartnerschaften, sowie alle Angelegenheiten, die nicht anderen Mitgliedern des Stadtrates zugewiesen sind

Annette Fritsch, SPÖ: Soziales, Gesundheit, SeniorInnen, Heime, Wohnungsangelegenheiten, Frauen, Gleichstellung und LGBTIQ+

Michael Felder, ÖVP: Sport, Sportplätze, Stadion und Zusammenleben (ehem. Integration)

Robert Pockenauer, SPÖ: Bau, Stadtentwicklung, Mobilität und regionale Angelegenheiten

Robert Vögel, ÖVP: Wirtschaft, Tourismus und Digitalisierung

Eveline Miessgang, SPÖ: Familie, Kinder, Schulen und Bildung

Hubert F. Kinz, FPÖ: Jugend, Musikschule und Energie

Sandra Schoch, Grüne: Klimaschutz, Umwelt und Tierschutz

Reinhold Einwallner, SPÖ: Kultur, Stadtbücherei, Denkmalpflege, Vereine und Ehrenamt

Roland Frühstück, ÖVP: Vizebürgermeister, Liegenschaften, Friedhöfe, Hafenangelegenheiten, Land- und Forstwirtschaft