Alarmstufe Rot in den Ställen: “Es ist eine sehr gefährliche Geschichte”

Vorarlberg / 10.04.2025 • 16:01 Uhr
Alarmstufe Rot in den Ställen: "Es ist eine sehr gefährliche Geschichte"
Am Sunnahof etwa dürfen betriebsfremde Personen derzeit nicht in den Stall. Sunnahof

Die Maul- und Klauenseuche greift um sich. In Vorarlberg bereitet man sich bereits auf den Ernstfall vor.

Schwarzach Am Sunnahof in Göfis herrscht derzeit erhöhte Wachsamkeit. Betriebsfremde Personen dürfen die Ställe nicht mehr betreten. Auch bei Schule am Bauernhof oder sonstigen Führungen bleiben die Stalltüren geschlossen. „Das sind die allgemeinen Empfehlungen der Bundes- und Landesregierung“, erläutert Sunnahof-Geschäftsführer Christian Zangerle. „Wir haben auch Desinfektionsmatten für die eigenen Leute ausgelegt, damit wirklich nichts in den Stall geht.“ Am Sunnahof leben derzeit rund 60 Rinder sowie etliche Schafe, Schweine und Alpakas. Die Frühlingswoche, die vom 22. bis 25. April am Sunnahof stattfindet, ist aktuell nicht in Gefahr. “Inwieweit wir den Zaun so gestalten, dass man nicht zu den Tieren hinkommt, müssen wir noch besprechen“, ergänzt Zangerle. Sehen werde man sie aber auf jeden Fall.

Hegeschau
Sunnahof-Geschäftsführer Christian Zangerle.

Die Maul- und Klauenseuche (MKS) ist Österreich derzeit so nahe wie seit Jahrzehnten nicht mehr. In Ungarn und der Slowakei werden tausende Rinder gekeult und in Massengräbern verscharrt. Seit Samstag sind daher 24 kleinere Grenzübergänge in Burgenland und Niederösterreich geschlossen. An den offenen Übergängen wird verstärkt kontrolliert, Seuchenteppiche wurden ausgerollt. Auch das Land Vorarlberg mahnt zur Vorsicht. „Zwar gibt es in Österreich aktuell keine Fälle, doch wir bereiten uns entsprechend vor“, teilte Landesrat Christian Gantner am Mittwoch nach einer Besprechung mit den Systempartnern mit. “Fachpersonal wird geschult, die Einsatzbereitschaft geprüft und der Informationsfluss mit Landwirten, Tierärzten und weiteren Systempartnern sichergestellt.”

Kürbiswoche am Sunnahof
Auch die Alpakas am Sunnahof könnten vom Virus befallen werden.

Die Ausbreitung des Virus wecke in der Landwirtschaft große Unsicherheit, sagt der Präsident der Landwirtschaftskammer, Josef Moosbrugger. „Es ist eine sehr gefährliche Geschichte. Jeder, der Rinder und Paarhufer im Betrieb hat und weiß, wie hochansteckend diese Seuche ist, wie leicht sie übertragbar ist, wie sie sich verbreitet und welche Konsequenzen daraus folgen, bangt vor dem, was in den nächsten Wochen alles passiert.“ Derzeit dürfen keine Tiere aus Ungarn und der Slowakei nach Österreich importiert werden. Außerdem haben Länder wie die USA, Kanada, das Vereinigte Königreich, Japan und Bosnien-Herzegowina Fleischimporte aus Österreich eingeschränkt. Die Konsequenzen seien im Moment noch überschaubar, „aber das kann sich täglich ändern“, unterstreicht Moosbrugger. Große Sorge bereitet den Verantwortlichen der bevorstehende Osterreiseverkehr. Die Rückkehr aus solchen Seuchengebieten bringe extreme Gefahren mit sich, verdeutlicht der LK-Präsident und appelliert, Reisen nach Ungarn und die Slowakei, die nicht zwingend notwendig sind, möglichst zu unterlassen.

Josef Moosbrugger
Josef Moosbrugger ist Präsident der Landwirtschaftskammer Vorarlberg und Österreich. VN/Rhomberg

Auch im Wildpark in Feldkirch dürfen generell nur noch Mitarbeiter die Gehege der rund 160 Tiere betreten. „Wenn im Notfall eine fremde Person wie ein Tierarzt hinein muss, führen wir eine Liste“, erläutert Betriebsleiter Christian Ammann. Das Ganze sei nicht zu unterschätzen, zumal das Virus auch über die Luft bis zu 60 Kilometer weit getragen werden kann. „Wir sind aufmerksam, sind auch ständig im Kontakt mit der Veterinärabteilung, beobachten die Tiere und versuchen, die Tiertransporte so gering wie möglich zu halten. Wir hoffen nur, dass nirgends im Land so ein Fall auftritt“, betont der Betriebsleiter.  

Alarmstufe Rot in den Ställen: "Es ist eine sehr gefährliche Geschichte"
Auch Wildtiere erkranken an MKS. VN/Stiplovsek
Alarmstufe Rot in den Ställen: "Es ist eine sehr gefährliche Geschichte"
Wildpark-Betriebsleiter Christian Ammann ist derzeit besonders aufmerksam. VN/Stiplovsek

Doch was wäre, wenn ein MKS-Fall in Vorarlberg auftreten würde? Am Mittwoch habe man dieses Szenario beim Treffen im Landhaus mit betroffenen Einrichtungen wie Bundesheer, Straßenmeisterei und Polizei durchgespielt, berichtet LK-Präsident Josef Moosbrugger. Unter anderem würde im Umkreis von drei Kilometern um einen Betrieb eine Schutzzone mit einer intensiven Überwachung eingerichtet. Eine Herausforderung stellt laut Moosbrugger auch der Transport der Tierkadaver dar. „Die Tiere, die von MKS betroffen sind, wie in Ungarn zu vergraben, ist bei uns völlig unvorstellbar. Das fordert uns österreichweit einen Plan zu erstellen, wo die Tierkadaver letztendlich entsorgt werden und wie die Transporte stattfinden, damit keine Ausbreitung stattfindet. Man mag sich das gar nicht vorstellen, aber das sind Themen, die extreme Situationen hervorrufen”, führt er aus.

Robert Griess, Präsident der Tierärztekammer Vorarlberg, wundert sich indes. Er wisse vom Land noch nichts. „Die Tierärztekammer hat offiziell noch keine Informationen von der Veterinärabteilung bekommen, ob Vorsichtsmaßnahmen gesetzt wurden. Das ist komisch, ist aber so”, merkt er an.

Stichwort

Die Maul- und Klauenseuche (MKS) ist eine anzeigepflichtige, sehr leicht übertragbare Viruserkrankung bei Paarhufern wie Rindern, Schweinen, Ziegen, Schafen sowie Wildtieren wie Hirschen oder Wildschweinen. Haustiere wie Hunde, Katzen oder Pferde erkranken in der Regel nicht, können jedoch mit dem Virus kontaminiert sein und es somit indirekt weiterverbreiten. Das MKS-Virus ist für Menschen ungefährlich. Eine Infektion über den Verzehr von Lebensmitteln sowie eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist nicht bekannt. Bei Menschen mit unmittelbarem und intensivem Kontakt mit erkrankten Tieren kann gelegentlich eine Infektion auftreten, die aber in der Regel nicht zu einer Erkrankung führt.

In Österreich trat die Seuche zuletzt im Jahr 1981 auf. Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren, deren Produkten (Rohmilch, frisches Fleisch, Samen, etc.) und Ausscheidungen der Tiere oder kontaminierte unbelebte Objekte (Fahrzeuge, Geräte, Schuhe, Kleidung, Futter, etc.). Infizierte Tiere können das Virus bereits vor Auftreten der ersten Symptome ausscheiden. Das Virus ist in der Umwelt sehr stabil. Im Erdboden, in Abwässern oder Jauche sowie gefroren oder eingetrocknet (in Haaren, Kleidern, Schuhen, Heu, etc.) kann es über Monate bis Jahre infektiös bleiben. Eine Übertragung über die Luft ist über beträchtliche Distanzen (bis zu 60 km über Land) möglich.

Verhaltensregeln für die Bevölkerung

  • Betreten Sie keine fremden Ställe, Weiden oder andere landwirtschaftliche Flächen.
  • Halten Sie sich vor Klauentieren wie Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen, Alpakas und (Farm-)Wild fern – vor allem in Risikogebieten.
  • Halten Sie Ihren Hund stets an der Leine, insbesondere in Risikogebieten, da das Virus von Wild- und Nutztieren auch z. B. über das Hundefell übertragen werden kann.
  • Verzichten Sie auf nicht unbedingt notwendige Reisen in die von der Seuche betroffenen Gebiete in der Slowakei und Ungarn.
  • Fleisch- und Milchprodukte aus Ländern mit MKS dürfen nicht nach Österreich mitgenommen werden.
  • Es ist verboten, Speisereste an Nutztiere zu verfüttern und Lebensmittel in der freien Natur wegzuwerfen.
  • Achten Sie auf die Hygiene und Desinfektion von Schuhen, Kleidung und Fahrzeugen vor bzw. nach jedem Kontakt mit Tieren oder landwirtschaftlichen Betrieben.
  • Kein Jagdtourismus in den betroffenen Gebieten.
  • Informieren Sie sich und andere über die Gefahren und Schutzmaßnahmen und folgen Sie den Anweisungen der Behörden.
  • Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber von Personen aus den Risikogebieten werden ersucht, sich über weitergehende Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen zu informieren und diese umzusetzen.