Vorarlberger Hilfsgüter auf 1400-Kilometer-Reise: “Mehr wäre in den Lkw nicht mehr hineingegangen”

Auch Ärzte und Pfleger aus Vorarlberg machen sich bald auf den Weg in die Ukraine.
Bregenz Der Fahrer winkt noch einmal freundlich aus dem Fenster, dann fährt er los. Vor ihm liegen knapp 1400 Kilometer. Sein Ziel: die Westukraine. Am Dienstag kurz nach 9 Uhr ist ein Hilfstransport mit medizinischem Equipment vom Bregenzer Festspielbezirk nach Jaremtsche gestartet. Jaremtsche ist seit 2023 eine Partnerstadt von Bregenz. Nach einer Delegationsreise im Spätsommer 2024 wurde im November der erste Lkw mit Spenden aus den Vorarlberger Krankenhäusern verabschiedet, nun der zweite.

“In dem Spital kommen jedes Jahr 400 Kinder auf die Welt, es werden dort sehr viele Versehrte aus dem Krieg behandelt. Es ist ein Spital, in dem es kein MRT und kein CT gibt. Trotzdem sind die Ärzte und Pfleger motiviert und nicht frustriert. Sie haben halt das, was sie haben. Als wir das erste Mal drüben waren, haben wir ein bisschen gebraucht, um herunterzukommen”, schildert der Bregenzer Bürgermeister Michael Ritsch seine Eindrücke des letzten Besuchs.

Neos-Stadtvertreter Michael Sagmeister, der auch bei der nächsten Reise dabei sein wird, berichtet von Infusionsständern, die bis zur Hälfte angerostet waren, und von jungen Soldaten Mitte 20, denen beide Beine amputiert wurden. “Das macht schon etwas mit einem”, sagt er. Christoph Kalb von den Grünen ergänzt: “Es war sehr beeindruckend und sehr berührend, was die Leute dort leisten. Das Spital ist eher 50er-Jahre-Standard gewesen.”

Am Samstag in einer Woche (31. Mai bis 7. Juni) geht es für eine Delegation erneut nach Jaremtsche und Kiew. Neben politischen Vertretern und Verwaltungsmitarbeitern sind diesmal auch Ärzte und Pfleger aus den Vorarlberger Landeskrankenhäusern dabei, die vor Ort unterstützend tätig sein werden. “Mich interessiert sehr, wie man mit so wenig Medizin macht, welche Art von Medizin sie machen und wie sie arbeiten”, schildert Anästhesistin Claudia Riedlinger vom LKH Bregenz. “Meine Idee wäre, dass sich eine Partnerschaft zwischen den Spitälern ergibt, auch mit einem Austausch von Fachkräften und gezielter Hilfe.”

Der Sattelschlepper wird schon vorher in der Ukraine ankommen. Beladen ist er diesmal mit 22 Krankenhausbetten, Beatmungsgeräten für Neugeborene, Unfallliegen, Transportliegen, Wärmebehältern für den OP und Verbandsmaterial aus den Landeskrankenhäusern Bregenz und Rankweil. “Mehr wäre in den Lkw nicht mehr hineingegangen. Ein Bett hat schon 250 Kilo”, verdeutlicht Patricia Zangerl vom LKH Bregenz, die gemeinsam mit ihrem Zentralbetriebsratskollegen Thomas Steurer die Sammelaktion federführend organisiert hat.


Das Equipment ist noch voll funktionsfähig, darf in Österreich aufgrund der Bestimmungen des Medizinproduktegesetzes aber nicht mehr verwendet werden. “Für uns ist es eine große Freude, dass wir ein bisschen mithelfen können. Wir können uns oft nicht vorstellen, wie es in anderen Regionen ist”, bekräftigt Gerald Fleisch, Geschäftsführer der Vorarlberger Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG), und merkt an: “Ich wünsche uns allen ein bisschen mehr Zufriedenheit mit dem, was wir haben.”

Neben den Spenden aus den Krankenhäusern haben auch zwei Vorarlberger Ärzte, die in Pension gegangen sind, ihr Ordinationsinventar gespendet. Für den Transport ist Stadtpolizist Bernhard Knauder zuständig. Kommende Woche startet er mit seinem Pick-up und einem voll beladenen vier Meter langen Anhänger Richtung Ukraine. “Heute hole ich auch noch ein Ultraschallgerät von einer Ärztin ab, die sich gemeldet hat”, erzählt er. Knauder hat bereits über die Jägerschaft einen Hilfstransport in die Ukraine organisiert. Bis Jaremtsche sind es laut Navi 1430 Kilometer. “Die Straßen bis zur Grenze kenne ich. Was danach ist, weiß ich nicht”, sagt der Stadtpolizist und zuckt mit den Schultern.
