“Ziel des Sparens sollte nicht darin bestehen, schnell reich zu werden”

Das Einmaleins des Sparens: Finanzexperte Michael Grabher erklärt, wie man am besten mit seinem Geld umgeht und welche Fehler man vermeiden sollte.
Dornbirn Vielen fällt es schwer, den Überblick über Einnahmen, Ausgaben und Sparpotenziale zu behalten. Michael Grabher, Finanzexperte und Autor des Buches Easy Money, hat es sich zur Aufgabe gemacht, genau hier anzusetzen. In seinem Buch und seinen Seminaren vermittelt er praxisnahe Strategien für einen besseren Umgang mit seinem Geld. Im Gespräch mit den VN beantwortet Grabher sieben zentrale Fragen rund um das Thema Geld – vom Haushaltsbudget über Sparziele bis hin zu Investitionen und Zukunftstrends.
Wie finde ich heraus, wie viel Geld ich im Monat wirklich für Freizeit, Urlaub oder Shopping ausgeben kann?
Mit einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, am einfachsten jährlich. Das Mindestziel sollte sein, am Ende des Jahres nicht ins Minus zu geraten. Wenn das Ergebnis negativ ist, habe ich zu viel ausgegeben und muss meinen Konsum zurückfahren. Das Girokonto ist hier hilfreich. Am Ende des Jahres kann man sich eine einfache Übersicht in Excel- oder PDF-Form automatisch im Online-Banking erstellen lassen. Das Geld, das übrig bleibt, kann investiert werden – was ich angesichts unsicherer Pensionen empfehle. Wenn man durch zwölf dividiert, sieht man das monatliche Potenzial.

Wie sinnvoll ist ein Haushaltsbuch heute noch – oder gibt es bessere Alternativen?
Ein Finanzüberblick in dieser Form ist auf jeden Fall sinnvoll. Es gibt mittlerweile etliche Möglichkeiten, ein Haushaltsbuch zu führen. Was man früher händisch tat, kommt heute als zum Teil kostenlose App (z. B. Money Manager) daher, auch eine Excel-Datei erlaubt die entsprechende Übersicht. Wer alles in die App einträgt, bekommt eine ausgefeilte Übersicht über seine Einnahmen und Ausgaben.
Wie viel sollte man für Notfälle zurücklegen – gibt es eine Faustregel?
Ja, eine Faustregel für Notfälle sind drei Netto-Monatsgehälter, die auf dem Girokonto verfügbar sein sollten. Da das Girokonto so gut wie keine Zinsen abwirft, sollte man es dabei belassen. Schon ein täglich fälliges Sparkonto bietet deutlich höhere Zinsen, Festgeld noch ein bisschen mehr.
Wie kann ich mir ein besseres „Geld-Mindset“ aneignen?
Das Ziel des Sparens sollte nicht darin bestehen, schnell reich zu werden – sondern für das Alter Vorsorge zu treffen und seine Familie abzusichern. Für fast alle Menschen gilt: Ihre größte Einnahmen- und Vermögensquelle ist ihr Humankapital. Wir verdienen unser Geld mit Arbeiten. Das Abschließen eines regelmäßigen und automatisierten Sparplans ist sinnvoll. Wer gute und sichere Renditen erzielt, kann sich mehr leisten – und der Zinseszins arbeitet langfristig für uns. Ich muss verstehen: Investieren ist ein Marathon und kein Sprint. Es ist nicht kompliziert, aber man muss diszipliniert sein und einen Plan haben.
Wie fange ich an zu investieren, wenn ich keine Ahnung von Börse, ETFs oder Fonds habe?
Zunächst muss man sich einen seriösen Überblick verschaffen. Im Internet gibt es gute Informationsportale wie z. B. Finanztip oder Finanzfluss. Meine Empfehlung lautet, einen Teil seines verfügbaren Einkommens in Aktien-ETFs zu investieren, das heißt in Produkte, die niedrigere Gebühren haben als etwa aktive Aktienfonds. Je breiter diese Produkte gestreut sind, desto niedriger das Risiko. Die langfristige Rendite eines globalen ETFs sind nach Steuern etwa sechs Prozent. Wer Wertschwankungen weniger gut aushält, sollte weniger risikoreich anlegen, das heißt nur einen kleineren Teil seines Vermögens in Aktien anlegen. Hier bieten sich Festgelder oder Staatsanleihen an.
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Ich höre ständig von Kryptowährungen und Neobanken – sollte ich mich damit auseinandersetzen oder ist das nur ein Hype?
Kryptowährungen sind digitale Zahlungsmittel, die getauscht und gehandelt werden können. Guthaben wird mittels Computercodes übertragen. Einige halten sie für die Nonplusultra-Alternative zum aktuellen Anlage-, Geld- und Währungssystem. Neben dem Original Bitcoin existieren zahlreiche weitere Kryptowährungen. Letztlich ist das Investieren in eine Kryptowährung Spekulation, niemand weiß, wie das weitergeht. Viele Kryptowährungen sind nicht nachhaltig und werden von kriminellen Organisationen eingesetzt. Zudem stehen sie für die digitale Gefahr und das digitale Risiko: durch Betrug, Hacks, Verlust der Codewörter und Broker-Pleiten ist ein mehrfacher Milliardenschaden entstanden. Deshalb investiere ich nicht in Kryptowährungen. Neobanken, Online-Banken oder Online-Broker sind Broker und Banken im Internet, die keine Filialen haben und deshalb günstigere Konditionen anbieten, das betrifft z. B. die Depotgebühr beim Wertpapierkauf sowie die Kaufkosten von Aktien oder ETFs. Wählt man einen Online-Broker oder eine Online-Bank, sollte darauf geachtet werden, dass es sich um einen steuereinfachen Broker handelt. Das ist der Fall, wenn sich der Bankensitz oder eine Niederlassung in Österreich befindet. Damit übernimmt der Broker die korrekte KESt-Versteuerung im Namen des Kunden.
Wie werden wir in zehn Jahren mit Geld umgehen – und was sollte ich heute schon tun, um nicht den Anschluss zu verpassen?
Die Digitalisierung der Finanzmärkte wird weiter voranschreiten, der Boom bei ETFs wird weitergehen, in Österreich werden mindestens 100.000 Menschen jährlich auf diesem Weg in die globalen Aktienmärkte anlegen. Überprüfen Sie die Rendite Ihrer aktuellen Finanzprodukte. Aktienfonds oder Lebensversicherungen, die ein oder zwei Prozent Rendite im Jahr abwerfen, sind nicht tragbar. Hohe Kosten, Provisionen und schlechte Renditen sind die Gründe, und diese gilt es zu vermeiden. Wer die Kosten senkt und die Rendite optimiert, wird gegenwärtig und in der Zukunft zu den Gewinnern gehören.
“Easy Money”: So legen Sie Ihr Geld richtig an – Michael Gabher, Verlag editionV