Nur 45 Prozent helfen: „Ein beschämend niedriger Wert“

Seit 1985 rund um die Uhr im Einsatz: Christian Walleczek gibt Einblick, wie das Notarztsystem in Vorarlberg funktioniert und warum die Laienreanimation noch zu wünschen übrig lässt.
Darum geht’s:
- Vorarlberg hat seit 40 Jahren ein Notarztsystem.
- Laienreanimationen-Quote liegt bei nur knapp 45 Prozent.
- 7500 bis 8000 Notarzteinsätze jährlich im Land.
Feldkirch Seit 40 Jahren verfügt Vorarlberg über ein funktionierendes Notarztsystem. Ein Pool an Notärztinnen und -ärzten sorgt für eine ständige Verfügbarkeit im Bedarfsfall. Dazu kommen Rotkreuz-Notarztstützpunkte in Bludenz, Feldkirch, Hohenems, Dornbirn und Bregenz. Im Bregenzerwald sichert ab 1. Oktober eine Gruppe aus niedergelassenen und externen Medizinern die notärztliche Versorgung ab.

Christian Walleczek ist leitender Notarzt und fährt seit 20 Jahren bei Einsätzen mit. Was er in diesem gut geölten Gefüge jedoch schmerzlich vermisst, ist das Zupacken von Laien speziell bei Herzkreislauf-Ereignissen. Die Quote bei Laienreanimationen beträgt in Vorarlberg gerade einmal 45 Prozent. „Ein beschämend niedriger Wert“, wird Walleczek deutlich und fordert Maßnahmen zur Verbesserung.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Sonstige angezeigt.
Genaue Daten
2024 wurden die Rettungskräfte zu 299 Reanimationen gerufen. 81 Patientinnen und Patienten erreichten das Krankenhaus lebend, die übrigen verstarben noch vor Ort. Von den Überlebenden konnten 40 das Spital wieder verlassen, 32 davon mit guter neurologischer Funktion. In 44,5 Prozent der Fälle wurde eine Laienreanimation begonnen. Das mag nach viel klingen, liegt aber 10,8 Prozent unter dem Durchschnitt anderer Zentren. Die Daten sind deshalb so genau, weil sie seit zehn Jahren in das deutsche Reanimationsregister eingepflegt werden. Umso bedrückender ist für den leitenden Notarzt der vergleichsweise niedrige Anteil an Laienreanimationen. Dabei nimmt das Gehirn bei einem Herzstillstand binnen kurzer Zeit massiven Schaden, wenn es nicht durch eine Herzdruckmassage mit Blut und damit Sauerstoff versorgt wird. Christian Walleczek verdeutlicht die Dringlichkeit: „Wir können in durchschnittlich 8,2 Minuten am Einsatzort sein, sind aber immer zu spät, wenn nicht vorher die Wiederbelebung beginnt.“

Erfolgreiche Kooperation
In vielen anderen Fällen sind die Rettungskräfte rechtzeitig zur Stelle, um Leben zu retten. Die Zahl der Notarzteinsätze liegt bei 7500 bis 8000 jährlich. Begonnen hat die Erfolgsgeschichte im August 1985. Mit der ersten Ausrückung wurde eine Kooperation zwischen Land, Krankenhaus Feldkirch und Rotem Kreuz begründet, welche seitdem die notärztliche Versorgung rund um die Uhr sichert. Auf das Einsatzkonto von Christian Walleczek gehen inzwischen an die 2800 Ausrückungen zu Land und in der Luft. Es sind, wie er, überwiegend Anästhesisten aus den Landesspitälern und dem Krankenhaus Dornbirn, die Notarztdienste versehen. „Das Rote Kreuz stellt Autos und Notfallsanitäter“, erläutert Walleczek. Bei Bedarf fahren Pflegefachkräfte mit. Ob es einen Notarzteinsatz braucht, entscheidet sich bei der Rettungs- und Feuerwehrleitstelle (RFL), wo die Alarmierungen eingehen. Unnötige Ausrückungen versuchen die Mitarbeitenden durch zielgerichtetes Abfragen zu vermeiden. „Ganz lässt sich das aber nicht immer machen“, räumt Christian Walleczek ein.
Notarztgruppe neu
Ein bisschen anders ticken die Uhren im Kleinwalsertal sowie im Bregenzerwald. Im Kleinwalsertal springt im Auftrag des Landes das Bayerische Rote Kreuz in die Bresche. Im Bregenzerwald wird das Netz an First-Responder-Notärzten – es handelte sich um niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, die tagsüber in Bereitschaft standen – durch eine
Notarztgruppe sowie externe Unterstützung abgelöst. „Ab 1. Oktober stehen während der Woche circa acht niedergelassenen Medizinern bereit, die Nacht- und Wochenenddienste bestreiten etwa 10 Notärzte aus umliegenden Spitälern. Damit können wir eine gute Versorgung in der Talschaft sichern“, zeigt sich Margarete Lang-Tschirf von dieser Lösung überzeugt. Ergänzt wird das landesweite Notarztsystem durch von der Bergrettung betriebene Notarzthubschrauber.