UVP-Stillstand lähmt Großprojekt: Stadttunnel-Baubeginn verzögert sich um Monate – “Mit jedem Tag steigen die Kosten”

Stillstand bei den Hauptarbeiten in der Felsenau, Unsicherheit bei der Personalplanung und tägliche Mehrkosten in schwer abschätzbarer Höhe: Josef Tschofen (52) von der Firma Jägerbau schlägt im Gespräch mit den VN Alarm.
Darum geht’s:
- Bau des Stadttunnels Feldkirch verzögert sich wegen Baustopp.
- Verzögerungen führen zu erheblichen finanziellen Einbußen.
- Fertigstellung 2030 ungewiss.
Frastanz, Feldkirch Kaum ein Infrastrukturprojekt im Land spaltet die Meinungen so stark wie der geplante Stadttunnel Feldkirch. Für Josef Tschofen, Mitglied der Bereichsleitung Untertagebau bei Jägerbau, ist die Debatte fast ein Déjà-vu. Schon beim Bau des Achraintunnels Anfang der 2000er-Jahre habe er ähnliche Diskussionen erlebt. “Damals war das Projekt anfangs auch sehr umstritten. Heute kann sich niemand mehr vorstellen, wie es ohne den Tunnel gehen soll”, sagt Tschofen im VN-Gespräch vor Ort beim Tunnelportal in der Felsenau.

Hier stehen seit Ende Juni viele der Baumaschinen still. Der Grund: Die UVP-Behörde des Landes hat wegen angeblicher Abweichungen bei der Baustelleneinrichtung einen Teilbaustopp verhängt: “Für uns kam das überraschend”, sagt der Bauingenieur. Die Einrichtungsfläche sei zwar in den ursprünglichen UVP-Unterlagen schematisch dargestellt worden, Änderungen seien aber branchenüblich, etwa weil Bauunternehmen unterschiedliche Krantypen oder Werkstatthallen benötigen.

Die Arbeitsgemeinschaft Stadttunnel Feldkirch, bestehend aus mehreren Bauunternehmen und der Firma Jägerbau, sieht sich mit Verzögerungen konfrontiert, die schwer planbar und kaum kompensierbar sind. „Wir haben das Vergabeverfahren mit einem umfassenden Konzept gewonnen. Dass jetzt Kleinigkeiten wie die exakte Position eines Baucontainers oder das Aufstellen eines Baukranes, wie auf nahezu jeder Baustelle üblich, zu einem Baustopp führen, ist für uns nicht nachvollziehbar“, so Tschofen.


Der Baustellenbetrieb sei so eingetaktet gewesen, dass Ende Oktober mit den Vortriebsarbeiten, also dem Bau des Haupttunnels, begonnen worden wäre. Wann nun tatsächlich gestartet werden kann, ist unklar. Fest steht aber: “Es wird sich um mehrere Monate verzögern.” Auch ob das Zieljahr 2030 für die Fertigstellung noch haltbar ist, lässt sich derzeit schwer sagen. “Wir unternehmen alles, um Zeit aufzuholen. Aber der gesamte Bauablauf ist bereits extrem optimiert”, erklärt der 52-Jährige. Derzeit laufen zum Beispiel Arbeiten an der Beförderungsanlage, die künftig etwa eine Million Tonnen Fels per Bahn abtransportieren soll.

Die finanziellen Folgen des Baustopps sind jedenfalls erheblich. Eine genaue Summe lässt sich laut Tschofen nicht beziffern – auch weil vieles davon abhängt, wie lange der Stopp dauert. “Jede Verzögerung kostet Geld: Bauleitungspersonal, Geräte, Container, das alles muss länger vorgehalten werden.” Stillstandskosten könnten bis zu 30 Prozent eines Monatsumsatzes ausmachen, was in absoluten Zahlen bis zu einer Million Euro pro Monat bedeuten kann. “Wir sprechen hier von Monatsumsätzen von drei bis fünf Millionen Euro während der Hauptbauzeit”, erklärt der Tunnelexperte.
20 bis 30.000 Euro pro Tag
Branchenkenner beziffern die Kosten eines Bau-Stillstands bei vergleichbaren Großprojekten mit rund 20.000 bis 30.000 Euro pro Tag. Aktuelle Schätzungen der Betreiber – Land Vorarlberg, Stadt Feldkirch und Vorarlberger Energienetze – beziffern die Gesamtkosten mit bis zu 385 Millionen Euro.

Gefragte Tunnelbau-Fachkräfte
Zwar sei man bemüht, diese Kosten möglichst gering zu halten, etwa durch das Vorziehen anderer Arbeiten oder durch das Umverteilen von Personal auf andere Baustellen. Doch das habe seine Grenzen: “Wir laufen Gefahr, dass wir gute Leute an andere Projekte verlieren. Europaweit sind Tunnelbau-Fachkräfte sehr gefragt”, sagt Tschofen.

“Möchten nicht nur zubetonieren”
Für den technischen Geschäftsführer der ARGE steht fest: “Wir sind zwar Bauunternehmer, möchten aber nicht nur zubetonieren, sondern Infrastruktur schaffen, die Sinn macht.” Dass Großprojekte wie dieses Emotionen auslösen, sei verständlich. Doch der Tunnel soll Verkehr aus der Stadt holen, für weniger Lärm sorgen und Platz für alternative Mobilität schaffen – etwa durch neue Radwege, unterstreicht Tschofen. Der Stadttunnel, so seine Überzeugung, sei ein entscheidender Schritt für die Lebensqualität der Menschen in Feldkirch.