Viele Wege führen ans Ziel – aber welche Oberstufenschule ist die richtige für mich?

Schulcheck 2025: Zwischen HTL, HLW, HAK und Gymnasium: Was zählt wirklich bei der Schulwahl – und was sollten Eltern lieber bleiben lassen? Bildungsberaterin Claudia Küng vom BIFO erklärt, wie Jugendliche nach der Unterstufe den passenden Weg finden und warum Entscheidungen mit 14 Jahren gut überlegt, aber nicht für die Ewigkeit sein müssen.
Darum geht’s:
- Vorarlberger Schüler wählen weiterführende Schulformen nach der 8. Schulstufe.
- Eltern spielen entscheidende Rolle bei Schulentscheidungen ihrer Kinder.
- BIFO bietet Talente-Check zur Entscheidungsfindung an Vorarlberger Schulen an.
Dornbirn Für viele Vorarlberger Jugendliche steht in diesem Schuljahr eine richtungsweisende Entscheidung an: In der 8. Schulstufe gilt es zu wählen, wie der weitere Bildungsweg aussehen soll. In ganz Vorarlberg – von Bregenz bis Bludenz – öffnen in den kommenden Wochen zahlreiche weiterführende Schulen ihre Türen. Ob Sprachen, Technik, Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft, Soziales oder Medien: Die Vielfalt an den insgesamt 31 allgemeinbildenden und berufsbildenden höheren Schulen ist groß – kein Wunder also, dass diese Entscheidung bei vielen mit Unsicherheiten verbunden ist. Der VN-Schulcheck liefert eine Orientierungshilfe für alle, die sich für eine weiterführende Schule interessieren.

“Es gibt heute mehr Möglichkeiten denn je, was natürlich überfordern kann. Gleichzeitig ist es auch eine große Chance”, sagt Claudia Küng, langjährige Berufs- und Bildungsberaterin beim BIFO – Beratung für Bildung und Beruf. Ihre zentrale Botschaft: “Im Mittelpunkt dieser Entscheidung sollte immer die Person als Ganzes stehen, mit ihren Neigungen, Stärken und Interessen. Alles weitere baut darauf auf.”
🧭 So entscheidest du dich richtig – 7 Tipps von Bildungsberaterin Claudia Küng
🔹 1. Fang früh genug an.
Je früher du dich mit deinen Möglichkeiten beschäftigst, desto besser. Besuch Tage der offenen Tür, schnuppere in Schulen hinein, idealerweise ab der 3. Klasse.
🔹 2. Überleg dir, was du willst.
Frag dich: Was interessiert mich wirklich? Was mache ich in meiner Freizeit gern? Welche Schulfächer liegen mir? Wo vergeht die Zeit wie im Flug?
🔹 3. Hol dir ehrliches Feedback.
Eltern und Lehrpersonen kennen dich gut – lass dir von ihnen rückspiegeln, wie sie dich einschätzen. Der Talente-Check bietet dafür einen strukturierten Rahmen.
🔹 4. Vergleich Schulen und Inhalte.
Druck dir Stundenpläne von Schulen aus, markiere die Fächer, die dich ansprechen, und vergleiche. Der Name der Schule sagt weniger als ihr Inhalt!
🔹 5. Lass dich nicht von anderen leiten.
Nur weil dein bester Freund in die HTL geht, musst du nicht mit. Die Schule muss zu dir passen – nicht zu jemand anderem.
🔹 6. Rechne mit mehreren Optionen.
Nicht jeder Plan A klappt. Erarbeite auch Plan B und C, auch wenn du von Plan A überzeugt bist. Ein Chancenrechner kann dir helfen, realistisch einzuschätzen, welche Schule mit deinen Noten machbar ist.
🔹 7. Hol dir Unterstützung.
Wenn du nicht weiterweißt: Bei Einrichtungen wie dem BIFO kannst du jederzeit einen Beratungstermin vereinbaren.
Eltern spielen die Hauptrolle
Die erste Anlaufstelle in der Entscheidungsfindung sind für viele Jugendliche die eigenen Eltern, weiß sie aus ihrer 30-jährigen Berufserfahrung. “Sie haben den größten Einfluss, und zwar deutlich mehr als Lehrpersonen, Freunde oder das Internet”, sagt Küng. In den meisten Fällen sei das gut so – mitunter kann dies aber auch problematisch sein, zum Beispiel, wenn Eltern ihre eigenen Vorstellungen über die Wünsche ihrer Kinder stülpen wollen. “Wir als Bildungsberater sprechen das dann offen an und fragen: Wer will das eigentlich – das Kind oder der Papa?” Wichtig sei, dass Jugendliche ihren Weg selbst mitbestimmen dürfen – begleitet, aber nicht gedrängt.
👨👩👧 Wie Sie Ihr Kind gut begleiten – 7 Tipps für Eltern
🔹 1. Zeigen Sie Interesse, ohne zu steuern.
Ihr Kind braucht Sie als Begleiter:in, nicht als Entscheider. Hören Sie zu, stellen Sie Fragen und achten Sie darauf, eigene Wünsche nicht überzustülpen.
🔹 2. Unterstützen Sie frühes Orientieren.
Ermutigen Sie Ihr Kind, Tage der offenen Tür zu besuchen, in Schulen zu schnuppern oder an Orientierungstagen teilzunehmen, auch schon ab der dritten Klasse.
🔹 3. Reden Sie über Stärken und Interessen.
Was macht Ihrem Kind Spaß? Wo liegen seine Talente? Was fällt ihm leicht? Gemeinsames Reflektieren hilft beim Sortieren.
🔹 4. Nutzen Sie den Talente-Check.
Der Talente-Check gibt eine objektive Einschätzung, ergänzt durch Ihre Perspektive als Elternteil. Nehmen Sie das Ergebnis ernst, auch wenn es Sie überrascht.
🔹 5. Bleiben Sie offen für Alternativen.
Nicht jede Wunschschule ist realistisch. Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, auch Plan B und Plan C in Betracht zu ziehen.
🔹 6. Vermeiden Sie vorschnelle Urteile.
Bilder im Kopf wie „Ein Gymnasium ist nur was für Streber“ oder „Das Poly ist keine echte Schule“ helfen nicht weiter. Sehen Sie sich die Angebote gemeinsam mit offenem Blick an.
🔹 7. Holen Sie sich Rat, wenn Sie unsicher sind.
Das BIFO steht auch Eltern offen. Ein Beratungsgespräch kann helfen, realistische und stimmige Bildungswege gemeinsam mit ihrem Kind zu finden.

Der Talente-Check bringt Orientierung
Eine zentrale Stütze im Entscheidungsprozess ist der sogenannte Talente-Check, den das BIFO seit über zehn Jahren jährlich mit den Lehrpersonen an allen Vorarlberger Mittelschulen und AHS-Unterstufen durchführt. Dabei füllen Schülerinnen und Schüler Fragebögen zu Interessen und Kompetenzen aus, absolvieren Tests in Deutsch, Mathe, Englisch, Allgemeinwissen, logischem Denken oder Feinmotorik und werden auch von Eltern und Lehrpersonen eingeschätzt. “So ergeben sich drei unterschiedliche Blickwinkel auf eine Person.” Im Anschluss finden rund 1500 Standortgespräche statt, bei denen mit den Jugendlichen mögliche Wege besprochen werden.

Nicht zu spät anfangen und nicht auf andere schauen
Spätestens in der vierten Klasse sollten Jugendliche anfangen, sich intensiv mit Schulen und Ausbildungen zu beschäftigen, idealerweise bereits ab der dritten. “Je früher jemand beginnt, sich umzuschauen und Erfahrungen zu sammeln, desto besser”, sagt Küng. Tage der offenen Tür, berufspraktische Tage oder die Chancentage im Herbst sind gute Gelegenheiten.

Ein häufiger Fehler: die Entscheidung nach Wohnort oder Freundeskreis zu treffen. “Nur weil mein bester Freund in die HTL geht, heißt das nicht, dass sie auch für mich passt.” Auch Aussagen wie “Die Schule ist gleich ums Eck” seien zwar verständlich, sollen aber nicht alleine ausschlaggebend für eine Schule sein. Besser sei es, konkrete Inhalte und Stundenpläne anzuschauen, Fächer zu vergleichen und Bauchgefühle ernst zu nehmen. “Manche Jugendliche stehen vor einer Schule und sagen spontan: Ganz sicher nicht. Andere betreten ein Gebäude und wissen: Das hier ist mein Ort.”

“Entscheidungen brauchen Realitätssinn”
Entscheidungen brauchen nicht nur Mut, sondern auch Realitätssinn. Nicht alle Wunschschulen sind bei jedem Notenschnitt erreichbar. “Wir schauen gemeinsam auf den sogenannten Chancenrechner, der zeigt, mit welchen Noten welche Schulen möglich sind.” Wer es nicht in seine Wunschschule schafft, braucht Alternativen: “Wir erarbeiten mit den Jugendlichen Plan B und C. Auch, um Enttäuschungen vorzubeugen.”
Trotz der Tragweite der Entscheidung für die weitere schulische Laufbahn nimmt Claudia Küng Jugendlichen und Eltern den Druck: “Die erste Berufs- oder Schulwahl mit 14 oder 15 ist wichtig, aber nicht endgültig. Niemand muss heute 30 Jahre lang im selben Beruf bleiben.” Immer öfter würden sich auch Erwachsene neu orientieren. Es gehe nicht darum, sich ein Leben lang festzulegen, sondern den nächsten passenden Schritt zu finden. “Viele unserer Beratungen machen wir mit Erwachsenen”, sagt Küng.
Am Ende aber gilt eine einfache Regel: “Je besser man sich selbst kennt, desto besser kann man sich entscheiden.” Dafür braucht es manchmal Unterstützung – und Zeit. Aber es lohnt sich.
Eine Übersicht der Oberstufenschulen finden Sie hier: www.vol.at/themen/schulcheck-2025
Am Samstag, 25. Oktober 2025, erscheint das große VN-Extra Schulcheck 2025 mit einer Übersicht aller Oberstufenschulen in Vorarlberg. Die Schulporträts erscheinen vorab laufend online auf VOL.AT. Ab Freitag, 24. Oktober 2025, ist zudem der Schulnavigator mit allen Infos auf VOL.at online.
Weitere Informationen zum Talente-Check unter: www.talente-check.info/