Sparen sollen die Anderen
Die Diskussion um Einsparungen der öffentlichen Hand fördert eine spezifisch österreichische Eigenart zu Tage: jeder ist dafür, aber ändern darf sich nichts. Deshalb haben es die politisch Verantwortlichen in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben schwer. Im Gegenzug ist es für die Opposition leicht, sich zum Vertreter jener aufzuschwingen, die etwas zu verlieren haben. Dazu noch das Schüren von Neid gegen alle, die vermeintlich ein besseres Leben haben und schon zählen Ideologie und Anstand an der Wahlurne nichts mehr.
„Wunderen wir uns also nicht, wenn jede Regierung versucht, den offenkundigen Problemen so lange aus dem Weg zu gehen, bis der Schaden angerichtet ist.“
Klar ist, dass der Staat auf der Ausgabenseite sparen sollte. Unverständlich war deshalb schon 2024 die nochmalige Senkung der Körperschaftssteuer. Noch unverständlicher und aufgrund der Erfahrungen während der Covid-Pandemie eher einfältig ist die aktuelle Forderung von SPÖ-Vizekanzler Babler, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zu senken.
Allein beim Bundesbudget klafft eine Lücke von über 20 Milliarden Euro. Die größte Ausgabenposition, die Zuschüsse zum Pensionssystem steigen die nächsten Jahre nochmals an. Bereits jetzt muss der Staat für die 2.500.000 Millionen ASVG-Pensionisten 17 Milliarden Euro und für die 260.000 Beamtenpensionen 13 Milliarden Euro jährlich aufwenden. Da sind die Landes- und Gemeindebeamten noch gar nicht eingerechnet. Deswegen ist eine moderate, schrittweise Erhöhung des Pensionsalters – unterschiedlich nach Berufsgruppen – sinnvoll und letztlich unumgänglich.
Zuvor aber würde es durchaus Sinn machen, auch andere Bereiche zu durchforsten. Möglichkeiten für Einsparungen gibt es genug. Sie reichen von der Bildung bis zur Gesundheit. Unbedingt notwendig aber wäre zuerst einmal eine Meinungsfindung darüber, was der Steuerzahler als sinnvoll und zuschussbedürftig erachtet.
Sind die Milliardenzuschüsse für den öffentlichen Verkehr angemessen? Gerade diese leisten aber einen Beitrag zur Verringerung des Individualverkehrs und helfen damit dem Klima. In welchem Maße kann die Agrarwirtschaft auf staatliche Zuschüsse verzichten und warum werden steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten im Einkommensteuerbereich nicht stärker eingeschränkt?
Wer es in der Politik tatsächlich ernst meint und die Zukunft gestalten will, erntet dafür wenig Lob. Das zeigt gerade die jüngste, unselige Debatte um notwendige strukturelle Änderungen in der Vorarlberger Spitalslandschaft. Wunderen wir uns also nicht, wenn jede Regierung versucht, den offenkundigen Problemen so lange aus dem Weg zu gehen, bis der Schaden angerichtet ist.
Rainer Keckeis ist ehemaliger AK-Direktor Vorarlberg und früherer Feldkircher VP-Stadtrat.
Kommentar