Auf Ältere kommt es an

Vorarlberg / 17.11.2025 • 14:32 Uhr
Auf Ältere kommt es an
Blick ins Rheintal: Die Bevölkerung des Landes dürfte nur noch leicht und bis 2048 wachsen, sagt die Statistik Austria. Damit verbunden ist auch ein Arbeitskräftemangel. Foto: VN/Steurer

Vorarlbergs Bevölkerung wächst noch, Zahl der Jüngeren sinkt aber schon. Was das heißt.

SCHWARZACH. Jedes Wachstum hat ein Ende. Seit 1945 hat sich die Bevölkerung von Vorarlberg auf rund 412.500 verdoppelt. Viel weiter wird es nicht mehr gehen. Damit rechnet jedenfalls die Statistik Austria laut einer aktuellen Prognose, die sie erstellt hat: Bis 2048 dürfte die Bevölkerung noch auf rund 427.500 zunehmen und dann anfangen, leicht, aber doch zurückzugehen.

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Ein Grund: Es gibt weniger Geburten. Das wird von Vertretern des Landes im Zuge der Spitalsreform nicht nur behauptet, sondern ist auch so. Hatte es sich in den 1960er Jahren um bis zu 6111 und zwischendurch, um das Jahr 2020, noch um mehr als 4000 gehandelt, so sind es mittlerweile weniger: Heuer und in den kommenden Jahren werden es rund 3700 sein. Längerfristig wird gar von einem weiteren Rückgang ausgegangen. Gegen Ende des Prognosezeitraums (2080) könnte es nur noch gut 3400 Geburten pro Jahr geben.

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Gleichzeitig wird besonders in den kommenden zehn, 20 Jahren die Zahl der ab 65-jährigen Menschen in Vorarlberg stark steigen, während die der Jüngeren bereits seit dem vergangenen Jahr zurückgeht. Stichwort Alterung, mit der viele Herausforderungen verbunden sind: „Das ist ein hochspannendes Thema“, sagt die Sozialforscherin Erika Geser-Engleitner von der FH Vorarlberg.

Überraschend seien die Entwicklungen nicht, betont sie im Gespräch mit den VN: „Wir wissen schon lange, was auf uns zukommt, haben jedoch die Augen verschlossen und gewartet.“ Problem 1: Es kommt zu budgetären Schieflagen. Es wird zunehmend schwieriger, unter anderem Pensionen, Gesundheit und Pflege zu finanzieren. Problem 2: Es kommt immer mehr auch zu einem Arbeitskräftemangel. Es gibt also ein finanzielles und ein personelles Problem.

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Die Lösung, die Geser-Engleitner empfiehlt, ist nicht die, die von vielen Expertinnen und Experten genannt wird: Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters. Davon rät sie sogar ausdrücklich ab. Es gebe Menschen, die mit 65 „einfach fertig“ seien und denen daher nicht mehr zugemutet werden könne. Stattdessen sagt sie: „Wir sollten schleunigst Konzepte entwickeln, damit Ältere, die können, länger arbeiten wollen.“

Es gehe um Rahmenbedingungen und Perspektiven, sagt die 62-Jährige: „Wir müssen ganz, ganz rasch eine neue Kultur für die zweite Berufslebenshälfte entwickeln.“ Diese beginne mit gut 50. Dann werde weniger Weiterbildung betrieben, würden kaum noch Entwicklungsmöglichkeiten gesehen und setze häufig „ein reines Zuwarten auf die Pension“ ein.

Erika Geser-Engleitner
„Wir müssen ganz, ganz rasch eine neue Kultur für die zweite Berufslebenshälfte entwickeln”. sagt die Sozialforscherin Erika Geser-Engleitner. Foto: Privat

Wichtig wäre daher eine Kulturänderung, bei der nicht nur die Politik gefordert sei, sondern in der Industrie genauso angesetzt werden müsse wie in der Gastronomie oder im Pflege- und im Gesundheitswesen. Möglich sei vieles. So könne man bei der Gestaltung von Dienstplänen stärker auf die Vorstellungen und Bedürfnisse von Älteren eingehen. Oder sich in einem Unternehmen gezielt überlegen, was man zum Beispiel einem 55-Jährigen anbieten könnte, damit er es erstrebenswert findet, über das gesetzliche Pensionsalter hinaus zu arbeiten, so Geser-Engleitner: Schaffe man es, die Erwerbsquote bei 65- bis 69-Jährigen auf 20, 25 Prozent zu vervielfachen, wäre schon viel erreicht.