Aus für rosa und blau: Neutrale Bändchen für Neugeborene

LKH Bregenz will auf neutrale Farben umsteigen. Neu ist nicht nur die Farbe, sondern auch der Blick auf die sechs möglichen Geschlechtseinträge.
Bregenz, Dornbirn Während aktuell über die Zukunft der Geburtenstationen im Land diskutiert wird, verändert sich in Bregenz etwas ganz leise: die Farbe der Bändchen, die Neugeborene in den ersten Minuten ihres Lebens erhalten. Statt rosa für Mädchen und blau für Buben sollen es künftig einfarbige, weiße sein.

„Sobald die Restbestände aufgebraucht sind, steigen wir auf eine neutrale Bändchenfarbe um“, erklärt Michael Rohde, Primar der Gynäkologie und Geburtshilfe am LKH Bregenz und KH Dornbirn auf VN-Anfrage. Eine Testphase habe gezeigt, dass es vonseiten der Eltern keine Probleme oder Unsicherheiten gab. „Es gibt wahrlich gewichtigere Fragen für frischgebackene Eltern als die Bändchenfarbe“, ergänzt Rohde.

Im Krankenhaus Dornbirn wurde in der Vergangenheit mehrfach über eine Umstellung auf neutrale Neugeborenenarmbänder diskutiert, ist dort jedoch nicht vorgesehen. Auch im LKH Feldkirch werden für Neugeborene weiterhin rosa bzw. blaue Bändchen verwendet. Petra Kornexl, leitende Hebamme am KH Dornbirn, berichtet, dass viele Eltern die bisherigen rosa und blauen Bändchen als „charmant und niedlich“ empfinden – “was nicht heißt, dass wir hier in unserer Verantwortung unkritisch bleiben sollten”, ergänzt Kornexl.

Für Brigitta Soraperra von der IG Geburtskultur a–z hat die Neutralisierung der Bändchen eine klare Signalwirkung. „Die Neutralisierung der Bändchen ist überfällig – sie lenkt dringend benötigte Aufmerksamkeit auf ein oft tabuisiertes Thema“, unterstreicht sie. Eine Fortbildung zu “Intergeschlechtlichkeit” vor einem halben Jahr habe erneut gezeigt, wie wenig bekannt sei, dass bis zu 1,7 Prozent der Menschen keine eindeutig zuordenbaren biologischen Geschlechtsmerkmale haben. Das mangelnde Wissen führe bei Eltern zu Unsicherheit und könne zu medizinischen Fehlentscheidungen führen. „Erhebliches und lebenslanges Leid für Betroffene ist die Folge, wie der Verein VIMÖ regelmäßig aufzeigt”, betont Soraperra.

Mehrere Optionen bei der Geschlechterwahl
Der Wechsel zu neutralen Bändchen fällt in eine Zeit, in der sich auch die Vorgaben rund um Geschlecht bei der Geburt verändert haben. Am 15. Juni 2018 hatte das Höchstgericht entschieden, dass “intersexuelle Personen ein Recht auf individuelle Geschlechtsidentität und eine ihrer Geschlechtlichkeit entsprechende Eintragung im Personenstandsregister” haben. 2022 wurden auch andere staatliche Formulare angepasst, darunter der Meldezettel. Insgesamt gibt es sechs Optionen zur Geschlechtseintragung: weiblich, männlich, divers, inter und offen oder „keine Angabe“.


Die erweiterten Möglichkeiten werden jedoch bislang kaum genutzt, sagt Primar Rohde. „Uns ist kein Fall erinnerlich, in dem Eltern bewusst eine andere Option gewählt hätten.“ In sehr seltenen Fällen sei das Geschlecht aufgrund einer Anlage- oder Ausdifferenzierungsstörung nicht direkt erkennbar. “Da kommt die Option “offen” zum Tragen”, informiert Michael Rohde.
Auch Nina Heinzle vom Standesamt in Dornbirn erklärt, dass es zwar zu Geschlechteränderungen komme, aber es noch keinen Fall gegeben habe, wo etwas anderes als männlich oder weiblich ausgewählt wurde. “Sollte das Geschlecht nach der Geburt nicht klar erkennbar sein, wird erst nach einer Untersuchung durch einen Arzt ein endgültiger Eintrag vorgenommen.”