Blockaden, Brände, Barrikaden

Welt / 12.07.2022 • 22:58 Uhr
Protestierende Bauern bei einer Blockade vor einem Vertriebszentrum des Diskonters Aldi in der Stadt Drachten. AP
Protestierende Bauern bei einer Blockade vor einem Vertriebszentrum des Diskonters Aldi in der Stadt Drachten. AP

Niederländische Bauern im Aufstand: Proteste ziehen wie ein Flächenbrand über das Land.

Den Haag Dicke, schwarze Rauchwolken ziehen über die Straßen, Heuballen brennen. Auf Transparenten wird gedroht: “Der Krieg hat begonnen.” Trecker blockieren Autobahnen und Großlager von Supermärkten, rammen Polizeiwagen. Bauern bedrohen Politiker. Es herrscht Aufstand in den Niederlanden. Keine Spur von der adretten Frau Antje und dem lockeren Bauer Hein mit Holzschuhen. Das sind die Vorboten eines “Bürgerkrieges”, warnte der Chef der Koalitionspartei ChristenUnie, Gert-Jan Segers.

Seit Wochen protestieren Bauern gegen geplante Umweltauflagen. Inzwischen haben die Proteste auch Deutschland erreicht. Landwirte solidarisieren sich mit ihren Kollegen im Nachbarland, hängen Transparente von Autobahnbrücken und rufen zu Kundgebungen auf. In der vergangenen Woche hat ein Polizist beim friesischen Heerenveen sogar zur Schusswaffe gegriffen. Der 16-jährige Bauernsohn Jouke wurde nur knapp verfehlt. Die Schüsse von Heerenveen sind das düstere Vorzeichen für einen sehr heißen Sommer. Ministerpräsident Mark Rutte will nun mit Bauern im Land reden. “Ich verstehe die unglaublich großen Sorgen, die die Bauern haben”, sagte er in Den Haag und rief sie auf, den von der Regierung bestellten Vermittler zu akzeptieren. Doch die Bauernvertreter lehnen ab.

Stickstoff

Das Problem ist nicht neu. Seit Jahrzehnten verstoßen die Niederlande gegen die Normen für den Stickstoffausstoß und schädigen damit Naturgebiete. 2019 zog das höchste Gericht die Notbremse und ordnete die Einhaltung der Grenzwerte an. Die Regierung legte nun einen Plan vor. Bis 2030 müssen die Emissionen im Durchschnitt um 50 Prozent reduziert werden, bei Naturgebieten sogar um mehr als 70 Prozent. Das trifft vor allem die intensive Landwirtschaft, den größten Verursacher. 30 Prozent der Viehbetriebe droht nach Angaben der Regierung das Aus.