Starke Frau, sanfte Hände

Wetter / 14.03.2013 • 20:10 Uhr
Die Arbeit von Helga Hartmann beschränkt sich nicht nur auf den Kreißsaal. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Vor- und Nachsorge. vn/Hartinger
Die Arbeit von Helga Hartmann beschränkt sich nicht nur auf den Kreißsaal. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Vor- und Nachsorge. vn/Hartinger

Bei der Hebammentagung in Hohenems ist Helga Hartmann ganz vorne mit dabei.

Thüringen. (VN-ger) Schwere Geburten erlebt Helga Hartmann mitunter nicht nur im Kreißsaal. Auch in ihrer Funktion als Leiterin des Vorarlberger Hebammengremiums gibt es Dinge, die viel Zeit, Kraft und Geduld abverlangen. So fordern die Geburtshelferinnen seit Jahren, dass zumindest ein Hebammentermin in den Mutter-Kind-Pass aufgenommen wird. „Jede Schwangere sollte vor der Geburt die Möglichkeit für ein kostenloses Gespräch mit ihrer Hebamme haben“, betont die 44-jährige Thüringerin. Bislang ist das Gremium mit seinen Vorstößen immer wieder abgeblitzt. „Geschafft haben wir, dass in jedem Mutter-Kind-Pass ein Folder mit einer Liste aller freiberuflichen Hebammen beigelegt wird.“

Traumberuf Hebamme

Eigentlich, sagt Hartmann, hätte jede Frau das Recht auf Hebammenbesuche vor und nach der Geburt: „Doch die wenigsten wissen das.“ Wie viele Hausbesuche möglich sind, das hängt jedoch davon ab, wann die Frau das Krankenhaus verlässt. „Unser Ziel ist, dass diese Fristen fallen und jede Frau unabhängig vom Tag der Entlassung Hebammenbesuche in Anspruch nehmen kann“, erläutert die Oberländerin.

Die dreifache Mutter liebt ihren Beruf. „Es ist noch immer spannend und ich habe es keinen einzigen Tag bereut“, schwärmt sie. Dass es etwas sozialmedizinisches sein sollte, das wusste Helga Hartmann schon immer. Als ihr eine Schulkollegin vom Hebammenberuf ihrer Mutter erzählte, war für die Oberländerin klar: „Das will ich auch machen.“ Mittlerweile ist sie seit über 20 Jahren als solche tätig. In dieser Zeit hat sich einiges, laut eigenem Bekunden aber insbesondere das Verständnis der Schwangeren verändert. „Es ist nicht mehr nur die freudige Erwartung. Die Unsicherheit ist größer geworden“, erzählt die Geschäftsführerin des Hebammengremiums. Wieso das so ist, darüber kann sie nur spekulieren. „Vielleicht liegt es daran, weil alles durchgescreent und geschaut wird, wo ein Fehler drinnen stecken könnte. Das verunsichert.“ Aber auch in den veränderten Lebenssituationen sieht die Hebamme einen möglichen Grund. „Viele Schwangere haben noch nie ein Kind im Arm gehalten. Für die Frauen ist das etwas komplett Neues.“ Ein Thema, das Hartmann in ihrer Arbeit tagtäglich begleitet, ist der Schmerz. „Schmerz“ lautet daher auch der Titel der Hebammentagung, die heute und morgen in Hohenems über die Bühne geht.

180 der rund 1950 Geburtshelferinnen in Österreich nehmen daran teil. Seit einem Dreivierteljahr ist Hartmann mit den Vorbereitungen beschäftigt. „Das Thema ist einfach aktuell – gerade in einer Situation, in der jeder nach Kaiserschnitt ruft“, sagt sie und fügt hinzu: „Der Schmerz kommt, aber der Körper stellt sich darauf ein. Man muss wissen, was auf einen zukommt, dann hat man Vertrauen und kann mit dem Schmerz umgehen.“

Hebammen braucht das Land

Wie sich eine Geburt anfühlt, diese Informationen bekämen die Frauen nicht vom Gynäkologen. „Dazu braucht es Hebammen“, spricht die 44-Jährige aus Erfahrung. 101 Hebammen sind derzeit in Vorarlberg tätig. Tendenz sinkend. Ein Hebammenmangel zeichnet sich ab. „Es wäre schön, wenn sich viele Frauen für diesen Beruf entscheiden würden.“

Die Unsicherheit der Schwangeren ist größer geworden.

Helga Hartmann

Zur Person

Helga Hartmann

hat als Geschäftsführerin des Vorarlberger Hebammengremiums die Hebammentagung mitorganisiert

Geboren: 27. Februar 1969

Ausbildung: Matura an der HLW Rankweil, Hebammenschule in Innsbruck

Laufbahn: freiberufliche Hebamme, seit 2008 bei der connexia Elternberatung, seit 2010 Geschäftsführerin des Vorarlberger Hebammengremiums, Brückenschwester am LKH Bludenz beim Programm „Frühe Hilfen“

Familie: verheiratet, drei Kinder

Wohnort: Thüringen

Hobbys: Puzzeln, Lesen und Wandern