Adieu dem vollen Schrank

Am Samstag heißt es bei der „kleiderTauschparty“: Tauschen statt neu kaufen.
Dornbirn. (VN-bem) Noch lassen im Südwind-Büro nur ein Kleiderständer mit einigen modischen Exemplaren und zwei große Säcke mit allerlei bunten Oberteilen und Hosen darauf schließen, dass hier am Samstag, von 14 bis 17 Uhr, eine „kleiderTauschparty“ stattfindet. Bald aber wird sich die Räumlichkeit in der Dornbirner Radetzkystraße 3 in ein Shopping-Paradies für alle Modebegeisterten mit Sinn für Weiterverwertung verwandeln. Zeit, überquellenden Kleiderschränken eine Abspeckdiät zu verpassen und ja – auszumisten.
Julia Ha ist eine der Aktivistinnen von Südwind und hat die Idee des Kleidertauschens nach Vorarlberg gebracht. Seit 2006 ist sie beim Verein ehrenamtlich aktiv. Die 34-Jährige engagiert sich bei Südwind als Bildungsreferentin und entwickelt Workshops zum Thema „Weltsicht“: „Anhand verschiedener Produkte werden für Volks- und Sekundarschüler die zurückgelegten Wegstrecken und dezentralisierten Arbeitsschritte deutlich gemacht sowie Alternativen des fairen Handelns und Kaufens aufgezeigt.“
Faire Kleidung tragen
Zudem hat sie das österreichweite Netzwerk „I shop fair“ mit aufgebaut – eine Aktion kritischer Konsumenten, die sich für faire Arbeitsbedingungen in Billiglohnländern einsetzen. „In Deutschland und besonders in Berlin sind Kleidertauschpartys bereits länger etabliert. Die Idee kommt von privaten Kleidertausch-Aktionen, bei denen sich Freunde zuhause treffen und Kleidungsstücke austauschen“, erklärt die promovierte Psychologin das Konzept des bargeldlosen „Kleiderkaufs“. „Im November 2012 startete die Kleidertausch-Aktion zum ersten Mal.“ Einer ihrer Beweggründe für die Initiative waren Medienberichte über Brände in textilverarbeitenden Fabriken internationaler Großkonzerne in Bangladesch mit über einhundert Todesopfern. Darauf folgten Proteste Tausender Textilarbeiter, die auf die verheerenden Arbeitsbedingungen in den Fabriken aufmerksam machten.
Mit der „kleiderTauschparty“ will Ha einen anderen Weg, abseits des Massenkonsums, einschlagen. „Mit Flashmobs in Bregenz und Dornbirn haben wir letztes Jahr auf die Aktion aufmerksam gemacht. Es fanden alle Kleidungsstücke bis auf wenige Ausnahmen einen neuen Besitzer“, freut sich die Dornbirnerin über den Erfolg und dass es nun in eine zweite Tausch-Runde geht. „Man bringt bei uns im Südwind-Büro zu den Öffnungszeiten oder zur ‚kleiderTauschparty‘ gebrauchte, noch gut erhaltene und gewaschene Kleidung vorbei. Für jedes Stück erhält man Punkte. Diese kann man am Samstag für ein anderes Teil wieder eintauschen. Übrig gebliebene Sachen werden der Caritas überlassen“, erklärt sie den Ablauf.
Einen vollen Sack mit kleinen Schätzen hat sie bereits mitgebracht. „Ich habe meiner Familie gesagt, dass sie ausmisten soll, und einiges von meinen Geschwistern mitbekommen.“ Auf internationale Produktionswege und Arbeitsbedingungen der Textilbranche, der Spielzeughersteller und der Lebensmittelproduktion hinzuweisen, wurde für sie immer mehr ein Thema.
„Der Inhalt meines Kleiderschranks hat sich in den letzten Jahren stetig reduziert“, sagt die sympathische Aktivistin mit einem Lächeln. Auch kaufe sie bewusster ein und achte darauf, wo das Produkt von wem und wie produziert wird. „Es funktioniert nicht immer, aber Broschüren wie von ,Clean Clothes‘ helfen beim bewussten Einkauf.“
Der Inhalt meines Kleiderschranks hat sich in den letzten Jahren stetig reduziert.
Julia Ha
Zur Person
Julia Ha
ist ehrenamtlich bei Südwind aktiv.
Geboren: 26. August 1978 in Binh Dai (Vietnam)
Ausbildung: promovierte Psychologin
Laufbahn: Forschung zum Thema Migration/Interkulturelles an der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg
Hobbys: Kochen, Kunst, Film, Theater
Mehr Infos über Südwind, zum Thema Bekleidungsindustrie und deren Transparenz unter www.suedwind-agentur.at, www.ishopfair.net und www.cleanclothes.at