Vom Wert einer Sprache

Wetter / 16.04.2013 • 18:47 Uhr
Ulrike Lins hat ihr Patenschaftsprojekt auf eine solide Basis gestellt. Foto: vn/steurer
Ulrike Lins hat ihr Patenschaftsprojekt auf eine solide Basis gestellt. Foto: vn/steurer

Ulrike Lins bemüht sich um die Ausbildung von türkisch-deutschen Logopäden.

Dornbirn. (VN-mm) In ihrem Leben spielt derzeit der eigene Nachwuchs die Hauptrolle. Süße drei Monate alt ist das Söhnchen von Ulrike Lins, dem die ganze Aufmerksamkeit gilt. Dennoch hat die junge Mutter auf ein anderes Kind keineswegs vergessen. Beim ersten Ideenkanal 2011 fungierte sie als Schrittmacherin für ein Projekt, das sich inzwischen erfreulich gut entwickelt.

Es geht darum, Schulabsolventen mit türkisch-deutscher Muttersprache zu einer Logopäden-Ausbildung zu bewegen. „Um Kindern mit türkischer Muttersprache bei Bedarf eine wirklich gezielte logopädische Diagnostik und Therapie zu ermöglichen“, wie Ulrike Lins sagt. Sie selbst ist auch Logopädin. Sogar Türkisch lernte sie. Aber das reicht gerade, um einen guten Kontakt zu türkischen Familien zu pflegen. Für eine professionelle Arbeit mit Kindern brauche es mehr sprachliches Wissen. „Es gibt genug Potenzial im Land. Wir sollten es heben“, sagt Ulrike Lins. Und fügt an, dass nicht nur Englisch, Französisch oder Spanisch wertvoll sind. „Auch Türkisch soll als Sprache einen Wert bekommen.“

Ein prämierter Einfall

Die Motivation zu diesem prämierten Einfall entstand aus dem täglichen Umgang mit einer besonderen Problematik. „Es gibt in der Frühpädagogik zwar immer mehr Sprachförderungsprojekte,

doch keine Fachpersonen, die Unterscheidungen treffen, welche spezifische logopädische Unterstützung ein Kind braucht“, schildert Ulrike Lins das Dilemma. Dabei sind ein Drittel der dem aks zugewiesenen Kinder solche mit nichtdeutscher Muttersprache. Davon sprechen 85 Prozent Türkisch. „Diese Kinder profitieren nicht von der allgemeinen Sprachförderung. Sie benötigen eine gezielte logopädische Diagnostik und Therapie“, weiß Ulrike Lins. Und dies sowohl in der Muttersprache als auch in der Zweitsprache.

Aber türkisch-deutschsprachige Logopäden gibt es im Land eben nicht. Selbst eine gezielte Suche erbrachte keinen Erfolg. Ulrike Lins wollte sich damit nicht abfinden. Stattdessen erarbeitete sie mit Kolleginnen eine Lösung. Die darin besteht, den Logopäden-Beruf türkisch-deutschsprachigen Maturanten vorzustellen und sie auf dem Weg zum Studium zu begleiten. Und benennt dabei als Aufgaben: Bewerbung des Berufs bei der Zielgruppe, Hilfestellung und Unterstützung bei der Bewerbung zum Logopädie-Studium sowie zusätzlichen Finanzierungsmöglichkeiten.

Nach drei Informationsveranstaltungen gibt es schon erste Erfolge und Bewerbungen für die sechs Fachhochschulen hinter dem Arlberg. Für jene, die in der Nähe bleiben wollen, finanziert das Land jährlich zwei Ausbildungsplätze an der Hochschule für Logopädie in Rorschach. Dort studiert auch jene Frau, die derzeit als „Vorzeigestudentin“ die Bemühungen von Ulrike Lins unterstützt. „Sie wird nächstes Jahr als erste türkisch-deutschsprachige Logopädin fertig und will im Land arbeiten“, freut sich Lins.

Inzwischen betreut der aks das Ideenkanal-Projekt hauptverantwortlich weiter. „Super“, befindet die belesene Ideengeberin. Auf diese Weise könnten sich die Logopädinnen den fachlichen Dingen zuwenden. Auch sie selbst steht trotz Karenz gerne als Ansprechperson zur Verfügung. Weil Ulrike Lins die Sache ein wirkliches Anliegen ist, wie sich ihren begeisterten Schilderungen unschwer entnehmen lässt. Sie glaubt fest daran, dass diese Maßnahme eine „deutliche qualitative Verbesserung“ für die Kinder bringt. Denn: „Nur wer seine Muttersprache beherrscht, kann auch eine Zweitsprache gut lernen.“

Es gibt genug Potenzial im Land. Wir sollten es heben.

Ulrike Lins

Zur Person

Ulrike Lins

Geboren: 4. Mai 1979 in Feldkirch

Wohnort: Dornbirn

Familienstand: Lebensgemeinschaft, 1 Kind

Beruf: Logopädin

Hobbys: Reisen, Lesen