Schöpfer von Zaubergärten

Billardspieler und Sozialarbeiter. Casino wie Kunstakademie. Maler, Fotograf, Bildhauer: Thema Kultur vs. Natur.
Wien. (VN-elle) Das Entbindungsheim in Lustenau zieht anno 1970 werdende Mütter aus dem ganzen Unterland an. So auch die Mama von Stefan Waibel, die ihren Sohn ebendort zur Welt bringt. Wohnort der fünfköpfigen Familie ist Dornbirn. Nach Volksschule und Musikhauptschule lässt er sich „übertölpeln“, eine Lehre als Einzelhandelskaufmann zu starten, die er auch beendet. Zur Belohnung reist er nach Spanien und Marokko. In südlicher Freiheit reift sein Plan, am Konservatorium das Orgelspiel zu lernen.
Bei einem schweren Unfall, den ein übermütiger Bubenstreich auslöst, wird die Fingerfertigkeit so sehr beeinträchtigt, dass er „mit dem Orgelspiel nicht dorthin kommen kann, wohin er möchte.“ Fortan spielt er Billard. „Zwei Jahre habe ich vom Billardspielen gelebt.“ In seiner Vita finden sich auch andere Jobs. Sozialarbeit in der Beschützenden Werkstätte in Hard sowie bei der Caritas. Die Ausbildung zum Sozialarbeiter macht Stefan Waibel praktisch. Das einschlägige schulische Gastspiel ist kurz. Länger hält es ihn im Casino Bregenz. Er ist für die Automatenhalle und die Betreuung ihrer Stammkunden zuständig. „Sozialarbeit im Umfeld Suchtverhalten“. In seiner freien Zeit beginnt er zu zeichnen. Da man ohne Matura an den Kunstakademien studieren kann, konzentriert er sich auf die Aufnahmeprüfung. An der Angewandten wird er von Wolfgang Hutter zum Studium nicht zugelassen. Ein Jahr später klappt es an der Bildenden bei Arik Brauer.
Jacke wie Hose, Hutter wie Brauer: Beide vertreten die Wiener Schule des Phantastischen Realismus. 1999 schließt Stefan Waibel das Studium bei Sue Williams erfolgreich ab und startet als freischaffender Künstler in Wien.
Maler
Seine frühen Arbeiten zeigen subtil gemalte Bildflächen, die sich auflösen und geistige Illusionsräume schaffen, die von Farben und nicht von erkennbaren Gegenständen bestimmt werden. Manche der auratischen Bildwerke sind durch Balken gekennzeichnet, die zusammenhalten, was verfließen könnte. „Die Balken sind ein Kontrast in den atmosphärischen Bildräumen“. Im Bildzyklus über die Alpen, deren Gipfel und Bergrücken schemenhaft zu erkennen sind, setzt er punktgenau Punkte. „Die farbigen Punkte sind Lichter der Irritation. Sie markieren das menschliche Zerstörungswerk in der Natur.“
Übermaler
Die „Alpenwarriors“, die zwischen 2004 und 2007 entstehen, sind vorwiegend übermalte Fotografien von Vorarlberger und Tiroler Rindern. Stefan Waibel greift in die Fotografie derart ein, dass die Tiere ihren natürlichen Lebensraum verlieren und zu monumentalen Skulpturen in einem unnatürlichen Farbraum werden. Ihr „kriegerisches“ Gehabe zeigt sich auch in den eindringlich gemalten Augen. Mit Röntgenblicken erkennen sie die Gier der Menschen, Naturräume kommerziell zu nutzen.
Zaubergärtner
Bis zu 2 Meter hoch wiegen sich Blumen, Gräser, Halme, Ähren, ab und an Insekten in leuchtenden Zaubergärten, die Stefan Waibel mit Drähten aus Eisen und Edelstahl formt. Fluoreszierende Farben, bestrahlt mit UV-Licht, bringen die „ideal nature machine“ nächtens zum Leuchten. „2007 habe ich meine erste Installation zum Thema „Künstler auf Landpartie“ gezeigt. Seither sind die biegsamen Skulpturen zu illusionären Räumen gewachsen, in die man hineingehen kann. Im Salzburger Museum der Moderne am Mönchsberg werde ich für die heurige Festspielausstellung einen begehbaren leuchtenden Zaubergarten installieren.“
Zwei Jahre habe ich vom Billardspielen gelebt.
Stefan Waibel
Zur Person
Stefan Waibel
ist akademischer bildender Künstler
Geboren: 12. April 1970
Atelier: Wien-Leopoldstadt
Stand: In Partnerschaft lebend
Beruf: Freischaffender Maler, Fotograf, Bildhauer
Lebensmotto: „Es gibt Leute, die mich kennen und Leute, die mich können.“