Not kennt keine Grenzen

Von den Wüsten Afrikas in die Gebirge von Kirgistan – wo Doris Burtscher tätig ist.
Wien. (VN-elle) In der Familie Herbert Burtscher aus Nüziders ist Doris das Sandwich-Kind. Zwei Geschwister sind jünger, die anderen zwei älter. Nach dem Besuch der Volks- und Hauptschule führt ihr Weg in die Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe Marienberg in Bregenz. Matura 1985. Nächste Station ist Graz. Studienfach Musiktherapie. Nach einem Jahr schließt sie den Klavierdeckel, stellt das Cello in die Ecke und folgt dem Ruf eines Freundes nach Wien. Doris Burtscher inskribiert an der Hauptuniversität Kultur- und Sozialanthropologie. 2001 promoviert sie in ihrem Spezialgebiet Ethnomedizin. „Das Fremde und Unbekannte haben mich schon als Kind interessiert.“ Fast drei Jahre führt sie eine Forschungsarbeit in den Senegal. Ihr erster Einsatz für Ärzte ohne Grenzen ist eine Erkundungsmission in Mauretanien. Feldarbeiten im Tschad, in Swasiland und Indien, Niger wie Simbabwe, in Kenia und in Sierra Leone, im Irak wie im Libanon lehren die Medizinanthropologin, dass Vertrauen und Respekt Brücken zum Verständnis bauen. Diese sind nötig, wenn man verstehen will, wie in den ärmsten Gegenden unserer Welt die verschiedenen Ethnien mit elementaren Themen wie Gesundheit und Krankheit, Körper und Seele, Heiler und Medizin umgehen.
Ihr aktuelles Einsatzgebiet liegt in Kirgistan. „Dshamilja“ vom kirgisischen Schriftsteller Tschingis Aitmatow gilt als die schönste Liebesgeschichte der Welt. Doris Burtscher wird keine Zeit haben, die literarischen Ikonen Kirgisiens vor Ort zu lesen. Knapp die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Unter seinen Tausende Meter hohen Steinmassen lagern riesige Vorkommen an Uran, Gold und Seltenen Erden. Von der lukrativen Ausbeute haben die Ärmsten der Vielvölkerrepublik nichts.
Wasser ist ein rares Gut
Wasser ist ein rares Gut in Kirgistan. Es ist so heiß umkämpft wie das karge Land. 2005 haben sich die Kirgisen in der „Tulpenrevolution“ erhoben, 2010 für einen Machtwechsel gesorgt. Ihr Leben ist nicht besser geworden. Spiegelbild der ethnischen Buntheit ist eine religiöse Vielfalt. Die Mehrheit der Bevölkerung ist jedoch muslimisch.
Der Einsatz der Ärzte ohne Grenzen gilt einer gezielten Lösung der dringlichsten Gesundheitsprobleme. Die Hilfe wird in den Armutsregionen der Welt oftmals durch eine Verknüpfung von Vorbehalten, Vorurteilen, Traditionen, Religionen, mangelnden Informationen und Ängsten erschwert. In Kirgistan sind es vor allem Tuberkulose und multiresistente TBC, die den Menschen zu schaffen machen. Doris Burtscher spricht mit den betroffenen Menschen über deren Ängste, Sorgen und gesellschaftliche Wahrnehmung als TBC-Patienten. Sie untersucht, ob Randgruppen wie Drogenkranke und Migranten besonders betroffen sind, wie stark die Krankheit stigmatisiert ist und wie gut die Hilfe durch Ärzte ohne Grenzen wahr- und aufgenommen wird.
Meine Arbeit bringt mich dorthin, wo Menschen in Not leben und Hilfe brauchen.
Doris Burtscher
Zur Person
Doris Burtscher
Medizinanthropologin für Ärzte ohne Grenzen
Geboren: 15. September1965 in Bludenz
Studium: Medizinanthropologie
Status: Partnerschaft
Wohnort: Wien-Leopoldau
Lebensmotto: Der Respekt gegenüber Menschen kommt zurück