Herbergen handgemacht

Wetter / 27.11.2013 • 18:08 Uhr
 170 solcher Häuser werden am Sonntag von 16 bis 19 Uhr im Rankweiler Vereinshaus verkauft und versteigert. Die Idee hatte Ingrid Ionian.  
 170 solcher Häuser werden am Sonntag von 16 bis 19 Uhr im Rankweiler Vereinshaus verkauft und versteigert. Die Idee hatte Ingrid Ionian.  

Die Kirche bietet Raum für Engagement. Menschen wie Ingrid Ionian füllen ihn aus.

Rankweil. (VN-tm) Seit Wochen führt Ingrid Ionian schwere Holzbohlen in ihrem Kofferraum spazieren. Alle tragen sie „a Dächle“. Unter eifrigen, kundigen oder gar prominenten Händen nehmen sie Gestalt an. So erwuchs dem Missionskreis der Pfarre Rankweil allmählich eine veritable Stadt, die kommenden Sonntag verkauft und versteigert wird. Das Geld kommt zur Gänze den Missionsprojekten in Tanzania, Benin, Sibirien, Indien und auf den Philippinen zugute.

Rohlinge vom Sunnahof

Während ihre Blicke über die großen und kleinen Dächer spazieren, hat Ingrid Ionian die Geburtsstunde der Idee noch bestens in Erinnerung. Die schlug am Sunnahof. Dort bringen die Werkstätten der Lebenshilfe Erstaunliches zuwege. Die engagierte Pfarrgemeinderätin aber verlor ihr Herz an die großen, ungeschlachten Häuser. Was, wenn man die bei der Lebenshilfe fertigen und von Menschen im ganzen Land bemalen ließe?

Der „etwas andere Basar“ des Missionskreises Rankweil geht alle zwei Jahre in Szene. Inzwischen sieht er sich erdrückender Konkurrenz ausgesetzt. Der Advent platzt ja vor lauter Veranstaltungen und „Märktle“ aus allen Nähten. Da etwas Eigenes, Unverwechselbares zu entwickeln, bereitete Ingrid Ionian schlaflose Nächte.

Aber wer die quirlige ehemalige Werberin kennt, weiß, dass sie um eine Lösung nicht lange verlegen bleibt. Und ihre „Hüsle“ schlugen ein wie die sprichwörtliche Bombe. Das Holz stammt samt und sonders von einem alten Dachstuhl in Rankweil. Sponsoren wie VKW und Katholische Kirche erweiterten mit 750 Euro den Handlungsrahmen des Missionskreises. Ingrid Ionians Aufgabe war es, Künstler zu finden. „Richtige“ wie Gerold Hirn, Maria Gabriel und Harald Gfader, Prominente, als da wären Landeshauptmann Markus Wallner mit seiner Frau Sonja, Bischof Benno Elbs und Bischof Erwin Kräutler, und ganz private wie zum Beispiel Raffael:

Was der Opa kann . . .

So heißt der Enkel des Rankweiler Altbürgermeisters Hans Kohler. Der sah mit Erstaunen, wie sein Opa immer wieder mal verschwand, um einen Holzklotz in ein Häuschen zu verwandeln. Das wollte er auch. Kein Problem. In den unergründlichen Tiefen von Ingrid Ionians Kofferraum lagen noch genug Rohlinge herum.

Überall stieß sie auf offene Ohren. Inzwischen warten 170 Häuser darauf, die Besitzer zu wechseln. Bischof Benno hat seinem „Hüsle“ ein Kreuz angedeihen lassen, wie es sich der von den Nazis ermordete Provikar Carl Lampert in der Gestapo-Haft aus Draht und einem Stückchen Schnur gebastelt hat. Am Vogelhäuschen von Primar Albert Lingg wartet eine kleine Meise eine halbe Ewigkeit schon darauf, dass das Türchen endlich aufgeht. „Heute geschlossen“ steht da. Aber der Vogel kann ja nicht lesen. Clown Galettis Haus trägt eine Larve, ein anderes wurde über und über mit Bienenwachs verkleidet.

Ingrid Ionian bräuchte noch Stunden, um die Vorzüge jedes Kunstwerkes anzupreisen. Und sie würde nicht müde dabei. Dass ihrem Engagement gleich in zwei Pfarreien – Frastanz und Rankweil – auch die Kirchenkrise nichts anhaben konnte, erklärt eine einfache Erkenntnis: „Das Leben passiert an der Basis.“ Dort geben Menschen wie Ingrid Ionian der Kirche ein Gesicht und tragen den Gedanken von Beheimatung und Obdach in Form von Holzhäusern in den Advent.

Ich kann den Bereich, in dem ich lebe, verändern. Das mag ich.

Ingrid Ionian

Zur Person

Ingrid Ionian

hat sich den “etwas anderen Basar” für den Missionskreis Rankweil ausgedacht.

Geboren: 29. 9. 1951 in Dornbirn

Ausbildung: Textilschule, Jugendleiterausbildung

Laufbahn: Sechs Jahre bei der Lebenshilfe, dann Werbeagentur Amann & Riedmann, ab 1986 Aufbau des Walgaublattes.

Familie: geschieden, ein Sohn