Frau Professor auf Achse
Martina Huemer pendelt als Stoffwechselexpertin zwischen Bregenz und Zürich.
bregenz. (VN-mm) „Irgendwie geht sich alles aus“, sagt Martina Huemer gelassen. Dabei ist der Alltag der Kinderärztin vollgepackt mit Arbeit und Pendeln. Beruf, Haushalt, drei Kinder, die „brav und glücklicherweise gesund sind“, und jetzt noch ein Professorentitel samt Lehrbefugnis für „Stoffwechselkrankheiten und molekulare Pädiatrie“ an der Universität Zürich: Über Mangel an Beschäftigung kann die im Landeskrankenhaus Bregenz in Teilzeit tätige Medizinerin jedenfalls nicht klagen. Und sie tut es auch nicht. „Mein Beruf macht mir Freude“, zeigt sich Martina Huemer dankbar dafür, „so etwas Interessantes machen zu dürfen“.
Im Pendeln geübt
Das Hin- und Herfahren ist für die gebürtige Cuxhavnerin nichts Neues. Seit sieben Jahren ist Martina Huemer als Ärztin bereits auf Achse, bezeichnet sich selbst scherzhaft als „fahrenden Doktor für Stoffwechselkrankheiten“. Alle drei Wochen schlägt sie für ein, zwei Tage ihre Zelte im Kinderspital in Zürich auf. Von dort betreut Huemer auch die Kinder in der Uniklinik Basel mit. In Bregenz hält sie regelmäßig Sprechstunden für ihre Patienten ab. Ihr Spezialgebiet sind angeborene seltene Stoffwechselkrankheiten wie die Phenylketonurie oder Speicherkrankheiten. In Zürich kann sie sich ganz der Forschung widmen. Im Landeskrankenhaus Bregenz sieht sie hingegen auch einmal ganz normale Ambulanzpatienten. „Das erdet zwischendurch“, hat sie festgestellt.
Vielschichtiger Bereich
Martina Huemer studierte Psychologie, ehe sie sich der Medizin zuwandte. Ein Jahr wollte sie dafür in Wien verbringen. Schließlich wurden zwölf Jahre daraus. Dort lernte sie auch ihren Mann Christian kennen, mit dem sie 2001 nach Bregenz übersiedelte, wo er heute Chefarzt und Leiter der Kinder- und Jugendabteilung ist. Seiner Frau lag die Forschung immer schon sehr nahe. „Der Bereich der Stoffwechselerkrankungen ist extrem vielschichtig“, erzählt sie. Und: „Da wissen wir noch längst nicht alles“, ergänzt Huemer, die ihre Expertise selbstredend auch der Bregenzer Kinderabteilung zur Verfügung stellt.
Obwohl die von ihr in den Fokus genommenen Erkrankungen selten sind, ist die Gruppe der Betroffenen größer als häufig angenommen. Denn: „Es gibt sehr viele solcher Krankheiten“, erklärt Martina Huemer, die hier eng mit Einrichtungen in Rom und Prag zusammenarbeitet. Eine gute Vernetzung sei nämlich wesentlich. Die positive Nachricht: Eine wachsende Anzahl dieser angeborenen Stoffwechselkrankheiten lässt sich behandeln. „Eine Früherkennung ist jedoch wichtig, um rasch mit der entsprechenden Therapie beginnen zu können“, betont sie.
In Bezug auf Wissenschaft interessiert sich Martina Huemer besonders für die Gruppe der sogenannten Homocystinurien. Dabei handelt es sich um eine Störung des Aminosäurestoffwechsels. Durch ein fehlendes Enzym kommt es zu einer Anhäufung von Homocystein im Blut, was bei Betroffenen zu schwerwiegenden Symptomen führen kann. Ein weiteres Forschungsgebiet stellt die Messung der Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen mit angeborenen Stoffwechselkrankheiten dar. Außerdem kann sie bereits auf zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen zu diesen Themen verweisen. Ihre Freude an der medizinischen Arbeit bringt Huemer aber auch im Landeskrankenhaus Bregenz ein. Dort unterrichtet sie Studenten, die erste klinische Erfahrungen sammeln. Eine Tätigkeit, die ihr ebenfalls großen Spaß macht.
Mehr Verständnis
Trotz des enormen Arbeitspensums gibt es für Martina und Christian Huemer noch ein Leben nach Dienstschluss. „Wir besprechen zwar manche Dinge, aber Befunde werden zu Hause nicht besprochen“, versichert die Ehefrau mit einem herzlichen Lachen. Sie räumt jedoch ein, dass es dafür schon einiges an Disziplin brauche. Andererseits sei durch die Zusammenarbeit, die seit ihrem Kennenlernen besteht, das Verständnis für den Partner größer, wenn eine Verabredung aus beruflichen Gründen eben einmal abgesagt werden müsse. Dann bleiben immer noch der Sport, das Theater oder die Freunde.
Eine wachsende Anzahl dieser Erkrankungen ist behandelbar.
Martina Huemer
Zur Person
Martina Huemer
Geboren: 5. Dezember 1963
Wohnort: Lindau
Familie: verheiratet, 3 Kinder (10, 17 und 18 Jahre)
Beruf: Psychologin, Kinderärztin, Uni-Professorin
Hobbys: Sport, Theater, Freunde treffen