Gefangen in der Geschichte

Wetter / 14.11.2017 • 18:44 Uhr
Gefangen in der Geschichte

Wolfgang Scheffknecht hat sich als Historiker einen Namen gemacht.

Lustenau  Es passiert wohl häufig, wenn man sich mit einer Person unterhält, die überdurchschnittlich viel Wissen in sich trägt: Ein Stichwort genügt und der Gesprächspartner holt aus, weit aus. Das passiert beim Lustenauer Historiker Wolfgang Scheffknecht oft. Die bloße Erwähnung des Themas seines Vortrags bei der „Open Week“ an der PH Feldkirch ist so ein Beispiel. Über die „Scharfrichter im Bodenseeraum“ referierte Scheffknecht in Feldkirch. Der Historiker dringt tief in die Materie ein, erzählt vom Rechtsverständnis der frühen Neuzeit, analysiert die Exekutionspraktiken von damals, vergleicht und kategorisiert.

Forschung als Ziel

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Leben und Ereignissen früherer Tage erfordert Zeit, Geduld und Ruhe. Das ist genau Wolfgang Scheffknechts Ding und war es schon immer. Kaum hatte er sich für das Lehramtsstudium in den Fächern Latein und Geschichte entschieden, wusste er schon bald, was seine Bestimmung werden sollte. „Ursprünglich hatte ich Latein als mein Hauptfach gesehen, doch es wurde Geschichte.“

Für Scheffknecht wurde Geschichte bald mehr als „nur“ ein Gegenstand, den er einmal in der Schule unterrichten würde. Magisch zog es ihn hin zur wissenschaftlichen Geschichtsforschung in der Region. Er machte seine Dissertation über das Thema „Hofamänner in Lustenau“.

Gemeindearchivar

Vor 21 Jahren übernahm er vom ehemaligen Schulinspektor Adolf Bösch die Leitung des Gemeindearchivs Lustenau. „Die Arbeit mit den Quellen hat mich geprägt. Ebenfalls die Person von Adolf Bösch, der dem Archiv in mühevoller Kleinarbeit die Grundordnung geschaffen hatte.“ Auch Prof. Franz Hampl, legendärer Chef des Instituts für Alte Geschichte an der Uni Innsbruck, sowie Alois Niederstädter, Leiter des Vorarlberger Landesarchivs, beeinflussten den dreifachen Vater und frischgebackenen Großvater. Dabei ist er selbst schon längst eine Historiker-Persönlichkeit geworden. So unterrichtet Scheffknecht mittlerweile nicht nur am BG Bregenz Blumenstraße, sondern im Rahmen des Lehrverbundes West auch an der PH Vorarlberg und der Universität Innsbruck. Er hat sich auf die Geschichte der frühen Neuzeit spezialisiert. In Innsbruck kehrte er an seine frühere Wirkungsstätte als Student zurück. Das Gefühl, dort jetzt als anerkannter Geschichtswissenschaftler in Erscheinung treten zu dürfen, schmeichelt dem Lustenauer doch ein bisschen. „Das kann ich nicht ganz leugnen.“

Bäcker als Alternative

In der Gesamtbetrachtung ist Geschichte für Scheffknecht keine bloße Wiederholung von vorbestimmten Entwicklungen. „Es hat immer offene Situationen gegeben, und das, was passiert ist, war nie alternativlos“, beschreibt der Historiker seine Interpretation der Menschheitsgeschichte. Diese mache für ihn auch die besondere Faszination von Geschichte aus.

Auch sein Weg zum Historiker sei nicht alternativlos gewesen, bemerkt der Lustenauer. „Als ich im Studium einmal eine Krise hatte, dachte ich lange darüber nach, ob ich nicht doch lieber Bäcker werden solle.“ Gut für die regionale Geschichtsforschung, dass er auf seinem ursprünglichen Weg blieb. VN-HK

„Das, was früher passiert ist, war nie alternativlos. Das macht Geschichte so spannend.“

Zur Person

Wolfgang Scheffknecht
Geboren
10. März 1959

Beruf Historiker

Wohnhaft Lustenau

Familie verheiratet, drei Kinder, ein Enkel

Hobbys Radfahren, Geschichte des Biers

Lieblingsspeise Knödel aller Art