Eine mutige Geschichte

Anna Maria Eggler öffnete ein Kapitel der NS-Vergangenheit.
wolfurt Sie hat sich einer schweren Kost angenommen, damit aber nicht mehr und nicht weniger als Licht in ein weiteres Kapitel der düsteren NS-Vergangenheit in Vorarlberg gebracht. Anna Maria Eggler setzte sich in ihrer vorwissenschaftlichen Maturaarbeit mit der Beschlagnahme aller Skilifte in Zürs und Lech durch die Nazi-Schergen auseinander und zeichnete den daraus resultierenden Rechtsstreit bis zur Rückgabe der Anlagen nach. Gleichzeitig tauchte die junge Frau in ein Stück Familiengeschichte ein, denn einer der Männer, die sich letztlich erfolgreich gegen die Enteignung wehrten, war ihr Urgroßvater Franz Eggler.
Vortrag in Bludenz
Das Interesse an ihren Recherchen, für die es übrigens einen glatten Einser gab, war besonders in Lech groß. Nach einem ersten Vortrag im überfüllten Museum steht Anna Maria Eggler heute, Donnerstag, 18.30 Uhr, erneut vor Publikum. Im Eichamt in Bludenz stellt sie ihre Arbeit vor. Diese erscheint außerdem in der von Birgit Heinrich neu begründeten Schriftenreihe des Lechmuseums, den „Lechschriften“. Die Einleitung dazu verfasste der Historiker Meinrad Pichler.
Er spart nicht mit Lob für die Akribie, mit der Eggler zu Werke ging. Sein Fazit: „Egglers Studie ist viel mehr als nur der Nachweis gediegenen wissenschaftlichen Arbeitens. Für die Leserinnen und Leser ist die spannende narrative Rekonstruktion dieses Sonderfalls von Interesse, und für die Landesgeschichte bedeutet sie einen weiteren Mosaikstein zum besseren Verständnis dafür, wie die NS-Herrschaft auf regionaler Ebene funktionierte.“
Anna Maria Eggler wirkt auf den ersten Blick eher schüchtern. Groß, zart, fast durchsichtig kommt sie daher. Doch sobald sie im Erzählmodus ist, wird eine starke Persönlichkeit sichtbar. „Ich hätte nicht gedacht, dass sich die Aufarbeitung so interessant gestaltet“, sagt sie. In der Familie sei wohl immer wieder einmal darüber geredet worden. „Aber niemand wusste Genaueres.“ Das offenbarte sich erst nach dem Tod der Großmutter. Beim Aufräumen kamen einschlägige Akten zum Vorschein, welche die Neugier der Gymnasiastin weckten. Also entschloss sich Anna Maria, ihre vorwissenschaftliche Maturarbeit in Geschichte abzuliefern. Zuerst war da aber Skepsis, ob das Thema genug hergibt. Schließlich wurden es aber doch stattliche 52 Seiten, auf denen sie die Geschichte mutiger Menschen Revue passieren ließ.
Ein wahres Puzzlespiel
Als einfach erwies sich das Zusammentragen der Fakten nicht. Anna Maria Eggler musste in Archiven zwischen Berlin und Wien graben, wobei sie von ihrem Vater Andreas tatkräftige Unterstützung erhielt. „Es war teilweise schwierig, an Dokumente zu kommen“, berichtet sie von einem wahren Puzzlespiel, auf das sie sich eingelassen hat, und das sie nicht mehr losließ. Mit der Zunahme an Wissen stieg ihr Respekt vor dem Eintreten der Vorfahren für die eigenen Rechte. „Auch wenn damit nur eine Scheinrechtsstaatlichkeit aufrechterhalten wurde.“ Persönlich hat Anna Maria aus der Geschichte gelernt, dass man nicht gleich aufgeben soll, wenn etwas im ersten Anlauf nicht klappt. Die Wolfurterin, die am Gymnasium Gallusstraße in Bregenz maturierte, befindet sich auf einem guten Weg. Sie studiert an der ETH Zürich Informatik und möchte danach die Welt erkunden. VN-MM
„Ich hätte nicht gedacht, dass sich die Aufarbeitung so interessant gestaltet.“
Zur Person
Anna Maria Eggler
befasste sich mit der Enteignung der Skilifte Lech und Zürs durch die Nationalsozialisten.
Geboren 9. März 1999 in Bregenz
Ausbildung Matura im Gymnasium Gallusstraße in Bregenz, Studium der Informatik an der ETH Zürich
Hobbys Skifahren, Yoga, sich mit Freunden treffen
VN/mohr