“Tod flößt mir Respekt ein”

Überlegungen eines evangelischen Pfarrers zu Leben und Tod.
Bregenz Der heutige Tag, der Karfreitag, erinnert an das Leiden und Sterben Jesu am Kreuz. Für Ralf Stoffers, er ist der evangelische Pfarrer des Bezirkes Bregenz, hat der Karfreitag folgende Botschaft: „Er steht für das Leid des Menschen, gleichzeitig aber auch für die Solidarität Gottes mit dem Menschen und dessen Leid.“
Der Mensch mit seinen Schmerzen und Nöten sei nicht allein. „Gott ist auf die menschliche Ebene herabgestiegen, um dem Menschen nahe zu sein. Er hat sich dem menschlichen Dasein ausgesetzt, um das zu erfahren, was der Mensch erfährt.“ Und dazu gehören eben auch Leid und Tod.
Die großen Fragen des Menschen
Stoffers selbst wurde schon früh in seinem Leben mit dem Tod konfrontiert. Sein Vater starb, als er 14 Jahre alt war. Seither beschäftigt sich der gebürtige Deutsche mit den großen Fragen des Menschen. Woher komme ich? Was ist der Sinn des Lebens? Wohin gehe ich? Durch die Beschäftigung mit der Theologie, so sagt er, habe er Anstöße und Hinweise erhalten. „Aber ich bin immer noch ein Suchender und habe die letzten Antworten noch nicht gefunden.“ Der Geistliche glaubt nicht, dass er ein Produkt des Zufalls ist. Er vertraut darauf, „dass ich am Ende nicht in ein Nichts falle und mir nicht selbst überlassen sein werde“. Dass es nach dem Tod in irgendeiner Form weitergeht, daran glaubt er fest. Der Tod flößt ihm Respekt ein und einen „Schuss Angst“. Er hat etwas Erschreckendes für ihn. Denn: „Man verliert nicht nur, woran man sich erfreut hat, wie etwa die Familie, sondern man verliert auch die Kontrolle über einen selber.“ Dem könne man nur Vertrauen entgegensetzen. „Ohne geht es nicht. Dieses Vertrauen zu erlangen, ist aber ein lebenslanger Lernprozess.“
Das Leben selbst ist für den Vater dreier Kinder eine Vorbereitung auf den Tod, auf das große Loslassen. „Wir lernen ständig loszulassen, von Menschen, Orten, Dingen und beruflichen Tätigkeiten.“ Der studierte Theologe hält in seinen Überlegungen kurz inne, dann meint er: „Vielleicht fällt am Ende der Abschied leicht, weil man schon vorher so viele Abschiede einüben musste.“ Für den Priester aus Bregenz hat aber der Tod nicht das letzte Wort. „Das letzte Wort hat vielmehr der, der uns ins Leben gerufen hat und der uns am Ende erneut ins Leben rufen wird.“ Jesu Auferstehung bedeutet für Stoffers, „dass ich nicht dem Nichts überlassen werde und Gott mich aus der völligen Abwesenheit von Lebendigkeit herausholt“. Leben und Lebendigkeit. Dafür steht für den evangelischen Pfarrer Ostern beziehungsweise die Auferstehung. „Wenn zwei Kinder ihre Mutter verlieren und die Halbwaisen wieder lachen können und die Kraft aufbringen, ihren Lebensweg weiterzugehen, ist das nicht auch eine Ostererfahrung?“ Aufstehen nach einem Schicksalsschlag, Vertrauen ins Leben entwickeln, das Vertrauen ins Leben trotz Erschütterungen nicht verlieren, Antworten auf Fragen finden, die das Leben an uns stellt, all dies sind für den protestantischen Priester Ostererfahrungen.
Karfreitag und Ostern gehören für ihn zusammen. „Wenn man den Karfreitag ohne den Ostersonntag sehen würde, dann bliebe Jesus
ein bedauernswerter Mensch. Ostern aber wendet das Todesschicksal in die Erlösung der Menschen.“ VN-kum
„Das Leben ist eine Vorbereitung auf den Tod, auf das große Loslassen.“
Zur Person
Ralf Stoffers
ist evangelischer Pfarrer und leitet seit dem Jahr 2010 die evangelische Pfarrgemeinde Bregenz.
Geboren 17. August 1969
Geburtsort Delmenhorst (D)
Familie verheiratet, drei Kinder
Hobbies Lesen, Theaterspielen, Musizieren mit der Drehorgel
VN/kuster