Tierquälerei im Namen der Wissenschaft

Wissen / 07.02.2014 • 14:12 Uhr
Mäuse werden am häufigsten für Tierversuche benutzt. Die Nager sind zäh, billig und leicht zu züchten.  Foto: dpa
Mäuse werden am häufigsten für Tierversuche benutzt. Die Nager sind zäh, billig und leicht zu züchten. Foto: dpa

Alternativen zu Tierversuchen werden jetzt an der Universität Konstanz untersucht.

schwarzach. Mehr als zwölf Millionen Tiere müssen in der EU jedes Jahr für Tierversuche herhalten. In Österreich sterben dadurch jährlich rund 200.000 Tiere. Und es werden immer mehr, obwohl es bereits einige Alternativen zu Tierversuchen gibt – beispielsweise In-Vitro-Verfahren, bei denen Substanzen an menschlichen oder tierischen Zellen getestet werden.

Tierversuche werden Universitären Instituten und Pharmaunternehmen unter anderem zur medizinischen und biologischen Grundlagenforschung, zur Entwicklung, Erprobung und Wirksamkeit von Arzneimitteln, zu Schädlichkeits- und Verträglichkeitsprüfungen von chemischen Substanzen des täglichen Bedarfs und von Kosmetika sowie Körperpflegemittel sowie zur Erkennung von Umweltgefährdungen durchgeführt.

Leid komplett vermeiden

„Da der Großteil der Tierversuche nicht auf den Menschen übertragbar ist, sind alternative Forschungen dringend erforderlich“, sagt Tobias Giesinger vom Verein gegen Tierfabriken (VGT). „Ziel von Politik und Wissenschaft muss es sein, Tierversuche und das damit verbundene Tierleid komplett zu vermeiden und durch effektivere, alternative Methoden zu ersetzen.“

Am häufigsten werden Mäuse benutzt. Es gebe aber kaum eine Tierart, die nicht in Tierversuchen verwendet wird, informiert der VGT. Nager werden deshalb bevorzugt, weil sie kompakt, zäh, billig, leicht zu züchten und zu halten sind und sich sehr schnell vermehren. Aber auch Katzen, Hunde, Kaninchen, Zwergschweine, Affen, Vögel, Ziegen, Schafe, Schweine, Rinder werden in den Labors malträtiert.

„Das Quälen und leidvolle Töten von Tieren ist moralisch verwerflich“, heißt es beim deutschen Verein „Ärzte gegen Tierversuche“, der sich seit Jahrzehnten für ein Ende aller Tierversuche zugunsten ethischer, innovativer Methoden ohne die Verwendung von Tieren einsetzt. Die Tiere würden dabei zu Messinstrumenten degradiert, die nach Gebrauch weggeworfen würden anstelle deren Recht auf artgemäßes Leben und Unversehrtheit zu achten. Der Ärzteverein greift die Tierversuchslobbyisten an, „die jedes Jahr mehr Tiere töten, immer neue Labore bauen, in Brüssel und Berlin sitzen und die Gesetze zu ihren Gunsten drehen“.

Als Beispiel nennen die „Ärzte gegen Tierversuche“ die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die mit 3,5 Millionen Euro ein Projekt fördere, in dem an Affen die Informationsverarbeitung im Gehirn beim Greifen untersucht werden soll. „Beteiligt sind Experimentatoren aus Tübingen, Göttingen, Frankfurt und Marburg – Städte, in denen noch immer ungehindert solch schweres Leid verursachende Experimente praktiziert werden.“

Dass die Erkenntnisse aus der Hirnforschung an Affen vollkommen irrelevant für die Medizin des Menschen sind, sei seit Langem bekannt. Das Affenhirn habe keine Bereiche für Sprache, Lesen oder Musik, wird informiert, „die Schädigung eines bestimmten Bereichs des motorischen Systems verursacht beim Menschen einen kompletten Ausfall von Sprache und Muskelbewegungen, beim Affen führt sie nur zu einer geringen Beeinträchtigung“.

Leiden nur verringern

An der Universität Konstanz untersucht jetzt der Biochemiker Marcel Leist mit seinem Team Alternativen zu Tierversuchen. Erforscht werden soll, wie man Tests an Tieren vermeiden oder sie zumindest möglichst schmerz- und stressfrei vornehmen kann. „Wir wollen die Gesamtmenge Leiden verringern“, sagt Leist, der auch das 2010 gegründete Zentrum für Alternativen zum Tierversuch in Europa (CAAT-Europe) leitet.

Doch ganz auf Tierversuche verzichtet wird noch lange nicht. Denn auch hier geht es um viel Geld. Leist, der sich selbst nicht grundsätzlich gegen Tierversuche ausspreche, störe aber die rein materialistische Betrachtung: „Bei vielen Tierversuchen – beispielsweise in der Grundlagenforschung – müsste man sich überlegen: Kann ich meine Neugierde auch anders befriedigen?“

Kein Thema für Petrasch

Für Werner Petrasch, Apotheker und Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln und einer naturnahen Kosmetiklinie sind Tierversuche kein Thema. „Bei uns wurden noch nie Tierversuche durchgeführt. Wir haben uns noch nie damit beschäftigt“, sagt er. Im in Dornbirn angesiedelten Unternehmen Mr. Petrasch werden Ausgangsstoffe verarbeitet, die bekannt seien und deren Reizpotenzial schon vor Jahrzehnten getestet worden sei. „Aber nicht von uns“, betont Werner Petrasch. „Bei neuen Formulierungen testen wir die Kosmetika zuerst an uns selbst und in unserem Umfeld.“

Bei uns wurden noch nie Tierversuche durchgeführt.

Werner Petrasch