Tausendsassa Nutzhanf

Die Kiffer-Debatte kann die Wiedergeburt der Anwendungsmöglichkeiten nicht stoppen.
schwarzach. Die Original Levis-Jeans wurden wegen der guten Haltbarkeit aus Hanffasern hergestellt, die Verfassung der USA ging auf Hanfpapier in Druck. Bereits vor Hunderten Jahren wurde Hanf für die Herstellung von Textilien und Seilen verwendet.
Extrem strapazierfähig
Hanffasern sind etwa dreimal so strapazierfähig wie Baumwolle, sie zeichnen sich durch eine besonders hohe Reißfestigkeit aus: Textilien, Lebensmittel, Papier, Dämmstoffe, Häuser aus gepressten und luftgetrockneten Hanfziegeln? Die Rede ist, stark vereinfacht, von Cannabis sativa, dem gewöhnlichen Hanf, der sich durch den Gehalt an psychoaktivem THC (Tetrahydrocannabinol) vom Cannabis indica, also dem Drogenhanf, unterscheidet.
Bis maximal 0,2 Prozent ist der Gehalt beim Nutzhanf, während das Kiffer-Spektrum zwischen fünf und 20 Prozent liegt. „Durch die Entwicklung neuer Technologien zur Herstellung günstigerer Kunstfasern und wegen der Einfuhr billigerer Naturfasern wie Jute, Sisal und Baumwolle kam es zum Niedergang des Hanfanbaus“, sagt Günther Schmid, Mitbegründer von „Hanfland“ in Laa an der Thaya. Und „Baumwolle muss 30 Mal behandelt werden, Hanf überhaupt nicht.“ Etwa 25 Sorten sind in Österreich seit dem EU-Beitritt zugelassen, Hochburg ist Niederösterreich mit 600 bis 700 Hektar Fläche.
Regionale Wertschöpfung
Das Thema wird in der kleinen Dorfgemeinschaft Hanfthal des Städtchens Laa im nördlichen Weinviertel sichtbar gelebt. Der örtliche Bäcker erzeugt Hanfgebäck. Der Wirt hat Hanfspezialitäten auf der Speisekarte, und der touristische Leitbetrieb, die Therme, entwickelte eine Hanfkosmetikserie. Mit der Errichtung des Hanfmuseums, des Hanferlebnispfades und des Dorfkellers als Hanf-entwicklungszentrum, bei dem Hanf als Baustoff verwendet wurde, schaffte man die Basis.
Hanfthal besann sich seiner Wurzeln. Eine Hanfstrohverwertungs-GmbH hat sich die Unterstützung der Bauern zum Ziel gesetzt. Für die Landwirte ist aus Günther Schmids Sicht der Anbau besonders interessant: „Nutzhanf keimt rasch und verdrängt Unkraut.“ Schmid spricht damit auch die Biobauern an. Er hat gemeinsam mit einem Kollegen in jahrelanger Entwicklungsarbeit eine Erntemethode erfunden, die es ermöglicht, das Hanfstroh direkt am Feld in Fasern und den Holzanteil des Stängels zu trennen. So können die Hanffasern für die Erzeugung von Dämmstoffen und Papier weiterverwendet werden, und die Stängel als Gartenmulch oder Tiereinstreu Anwendung finden.
Rohstoffwende?
50.000 verschiedene Produkte seien weltweit inzwischen auf dem Markt. Die Nutzpflanze wächst nahezu überall – von Norwegen bis zum Äquator – mit wenig Aufwand und hohen Erträgen.
Hanfpflanzen benötigen keine chemischen Keulen. David Rosse, Obmann des österreichischen Hanfverbandes: „Die ökologischen Vorteile sollten im Vordergrund stehen. Wir betreiben intensive Kooperationen und sind Mitglied des europäischen Industriehanfverbandes (EIHA). Beim nächsten ,Tomorrow Festival 2015‘ von Global 2000 wollen wir präsent sein.“ Das Baustoffunternehmen Capatect bekam für die Hanffaser-Dämmplatte den österreichischen Klimaschutzpreis. Die „Öko-Line“ ist im Sortiment. „Diese neue Generation hat Top-Qualität, ein bisschen scheitert es bei manchen Architekten und Bauwilligen bei den Kosten im Vergleich zu Styropor. Aber das Interesse ist auf jeden Fall da“, berichtet Gert Lampert, Gebietsverkaufsleiter der Niederlassung in Rankweil.