Empathie hängt vom Schmerzempfinden ab

Wissen / 12.06.2015 • 14:02 Uhr

Wer weniger Schmerz spürt, hat auch weniger Mitgefühl.

wien. Zu diesem Schluss kommen Forscher der Universität Wien um den Neuropsychologen Claus Lamm. Sie beobachteten den Effekt bei einer Placebo-Studie: Wer meinte, ein Schmerzmittel erhalten zu haben, war weniger empathisch, wenn er Schmerzen bei anderen beobachtete.

Sowohl die Studienteilnehmer als auch die beobachtete Person erhielten kurze Elektroschock-Impulse, entweder mit oder ohne Schmerz-Kontrolle. Dabei benutzten die Forscher gar keine echten Schmerzmittel – sondern nur Placebos, die allerdings nachweislich die Schmerzaktivität des Gehirns herabsetzen. „Sie reduzieren den empfundenen Schmerz über die Ausschüttung körpereigener Opiate“, so Lamm. „Die Annahme ist, dass der Effekt auch bei echten Schmerzmitteln auftritt, denn Morphin wirkt auf eine ähnliche Weise.“ Echte Schmerzmittel mit Suchtpotenzial wurden aufgrund ethischer Bedenken nicht eingesetzt.

Bei dieser Studie konnte das Forscherteam erstmals spezifisch den neuronalen Mechanismus zeigen, mit dem Schmerzempfindung und Empathie für Schmerz zusammenhängen, erklärt Lamm. Die eigene Schmerzerfahrung stellt für das Gehirn offenbar die Grundlage dar, um Mitgefühl empfinden zu können. Ist diese Erfahrung durch eine Veränderung des Opiat-Haushalts herabgesetzt, werden die Schmerzen anderer als weniger stark eingestuft und das Beobachten als weniger unangenehm empfunden. Bei der Erforschung des offenbar engen neuronalen Zusammenhangs von eigener Empfindung und Empathie sei man mit der aktuellen Studie einen großen Schritt weitergekommen.