Unter Adlern und der brütenden Hitze Roms

Wissen / 18.05.2018 • 15:41 Uhr
Giuseppe Vitale, der römische Vorarlberger (oder umgekehrt).
Giuseppe Vitale, der römische Vorarlberger (oder umgekehrt).

Vorarlberger “eroberten” mit der Legio Rapax Rom.

Rom, schwarzach Einmal im Jahr verwandelt sich die ewige Hauptstadt der  Christenheit wieder ins heidnische Rom der tausend Götter. Dann feiern die Römer „Natali di Roma“, die Geburtsstunde ihrer Stadt. Und sie feiern sie wuchtig, üppig und monumental. So wie sie eben damals war, die einstige Weltmetropole der Antike am Tiber.

Glanzvolles Schauspiel

An diesem Tag marschieren sie aus dem Dunkel der Geschichte ins Licht der italienischen Sonne. Die römischen Legionen, oder besser gesagt Tausende Darsteller aus aller Welt, die sich zu diesem Event auf dem Gelände des einstigen Circus Maximus versammeln. Denn von dort startet ihre Parade quer durchs „centro storico“, vorbei am „Mund der Wahrheit“, dem Forum Romanum und dem Kolosseum.

Im Circus Maximus liefern sich indes Gladiatoren wilde Schaukämpfe, während wahre Grazien von Tänzerinnen tausende von Zuschauern begeistern und Priester ihren Ritualen huldigen. Ein glanzvolles Schauspiel. Doch keine Szenenprobe für einen monumentalen Hollywoodschinken. Denn hier zählt möglichste Authentizität.

Die „Legio Rapax“

Ein Bestreben, das sich vor allem die „Legio Rapax“ („Raubtier“) buchstäblich auf den Leib geschrieben hat. Diese weltgrößte römische Reeanactment-Gruppe rekrutiert sich aus Mitgliedern aus Deutschland, Polen, Belgien, Luxemburg – und Vorarlberg.

Wir, das „rätische Vexillatio“ (vielen bekannt vom „Reiseziel Museum“ in Rankweil) und österreichische Chapter dieser internationalen Community, sind diesmal mit den Legionären Giuseppe Vitale („Pinus“) aus Lustenau, Thomas Schallert („Scaevola“) aus Mäder und dem „centurio evocatus“ Gerhard Sohm („Germanus“) aus Lauterach vertreten. Wir marschieren unter glühender Sonne. Machen Halt am Trajansforum, wo uns der „Imperator“ mit seinem Zepter begrüßt. Es klingelt, klappert und dampft. Die bis zu 40 Kilogramm und mehr wiegenden eisernen Rüstungen, Waffen und Schilder werden immer schwerer, drücken und schürfen die Haut auf. Wir singen Marschlieder und verfluchen dabei den erbarmungslosen Kommandanten, denn heute bei der Parade ist das erlaubt. Die Spitze der „Kohorte“ führen unsere Feldzeichenträger an, einer von ihnen trägt die Adlerstandarte aus puren Gold, und sie sind gehüllt in echte Tiger- und Bärenfelle.

Faszination der Vergangenheit

Die Kehlen brennen, doch die treuen Frauen unserer Legion begleiten uns in ihren langen, ärmellosen Kleidern und löschen den Durst der Legionäre mit Wasser aus Amphoren. Der kilometerlange Marsch wird zur Tortur. Gedanken kommen hoch. Wie haben unsere historischen Vorgänger diese Strapazen nur aushalten können, und das täglich? Wir begreifen, dass eiserne Disziplin und Härte die Grundpfeiler dieser Armee einer sehr kritischen Epoche der Menschheitsgeschichte war.

Doch die „Milites“ der Legio Rapax (sie eroberte einst Vorarlberg) sind erklärte Pazifisten. Intellektuelle, Ärzte, Anwälte oder Polizisten finden sich in ihren Reihen. Warum tun wir uns das also alles an? Es ist die Faszination des Versuchs, eine weit entfernte, mystische Vergangenheit zu leben.

Ein grimmiger Legionär: Thomas Schallert aus Mäder.
Ein grimmiger Legionär: Thomas Schallert aus Mäder.
„Centurio evocatus“ Gerhard Sohm (2. v. r.) hinter dem Träger des Adlers, der aus purem Gold gefertigt ist. Vislav Mileńko
„Centurio evocatus“ Gerhard Sohm (2. v. r.) hinter dem Träger des Adlers, der aus purem Gold gefertigt ist. Vislav Mileńko