Wissen: Auto mit Dampf II

Wie man Sonnenstrom ohne Akku nutzt.
Schwarzach Schon zur vorletzten Jahrhundertwende gab es Autos, ihr Antrieb allerdings war sozusagen artenreicher als heute. Wir kennen den benzingetriebenen Ottomotor, den Diesel- und den Elektromotor. Um 1900 gab es den Diesel zwar schon, aber noch nicht im Auto; Selbstfahrer wurden mit Benzin betrieben, mit Strom aus einer Batterie. Und mit Dampf. Welches Prinzip sich durchsetzen würde, war bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts alles andere als klar. Das Elektromobil krankte an mangelnder Reichweite, das sehen die meisten heute immer noch als Hauptproblem, obwohl sich die Reichweite verzehnfacht hat. Benzinautos waren laut, dreckig und stanken. Dampfautos waren leise, aber teurer.
An diesen Beispielen sieht man, wie sich Einschätzungen wandeln: Von Umweltargumenten war damals noch keine Rede, heute sind sie wesentlich – man sollte Antriebskonzepte der Vergangenheit daher unter aktuellen Randbedingungen neu bewerten. Den viel zitierten „Abfallhaufen der Geschichte“ gibt es nämlich gar nicht, wie ja auch der materielle Abfall unserer Zivilisation nicht verschwindet, weil wir „Abfall“ draufschreiben. Er bleibt und kann uns belasten. Oder bereichern. – Eine mögliche Bereicherung ist der Antrieb eines Autos mit Wasserstoffperoxid.
Bleichmittel
Diese Substanz dient als Bleichmittel für Holz, Haar und Papier sowie zur Wasseraufbereitung und Desinfektion. Hergestellt wird sie aus Luftsauerstoff und Wasserstoff mithilfe von Anthrachinon, das dabei im Kreis geführt wird. Mit Katalysatoren zersetzt es sich in Wasser und Sauerstoff, dabei wird eine erhebliche Energiemenge frei: 0,8 Kilowattstunden pro Kilo. Der entstehende Dampf kann eine Turbine antreiben, das wurde im Zweiten Weltkrieg zum Antrieb neuartiger U-Boote benutzt. Dabei konnten etwa 30% der Energie genutzt werden, das liegt im Bereich moderner Benzinmotoren. Könnte eine solche Dampfturbine auch im einen Pkw eingebaut werden? Durchaus, in der DDR hat man eine kleine Turbine in einen „Wartburg“ eingebaut. Solche Ansätze sind natürlich in einer Zeit, da alles von Dekarbonisierung redet, um das Klima zu retten, hochinteressant. Schließlich entsteht als Abgas nur Wasser und Sauerstoff. Der Wasserstoff zur Herstellung stammt aus Sonnen- und Windkraft, wie das ja auch beim Brennstoffzellenauto vorgesehen ist.
Die Brennstoffzelle ist aber kompliziert und teuer, während die Turbine eine ausgereifte Maschine ist, wie z.B. der Turbolader beweist. Schon wahr: Die zu tankende Kraftstoffmenge wäre in Litern viel größer als beim Benzin, etwa um den Faktor zehn. Also größere Tanks und/oder mehr Tankstopps. Das Tanken selber würde aber nur Minuten dauern und nicht Stunden wie beim Nachladen des Akkus beim Elektroauto! Dieses Dampfauto 2.0 wäre jedenfalls eine Alternative ohne seltene Rohstoffe fragwürdiger Herkunft. Christian Mähr