Recht auf alles?
Papst Franziskus hat kürzlich einige Äußerungen gemacht, die nicht unwidersprochen bleiben können. Zum Glück gelten die Äußerungen des Papstes nur dann als unfehlbar, wenn sie „ex cathedra“ gemacht werden. Wären alle päpstlichen Wortmeldungen unfehlbar, dann hätte die Kirche jetzt ein Problem.
Es begann damit, dass Papst Franziskus über Homosexuelle sagte, „niemand dürfe ausgegrenzt oder unglücklich gemacht werden“. Es ist klar, wen der Papst damit gemeint hat, aber wenn man das Wort „niemand“ weiterdenkt, dann dürfen auch Mörder oder Kinderschänder nicht mehr bestraft werden, denn eine Strafe grenzt sie aus und macht sie unglücklich. Diesen kleinen Denkfehler wollen wir dem Papst verzeihen.
Recht auf Kinder
Ein größerer Irrtum ist dem Papst unterlaufen, als er sagte „Homosexuelle haben ein Recht auf Familie.“ Er meinte damit ein Recht auf eine eingetragene Partnerschaft oder etwas Ähnliches, aber auch hier hat der Papst nicht zu Ende gedacht, denn Familie ist nur dann Familie, wenn mindestens ein Kind vorhanden ist. Seine Aussage enthält somit auch ein Recht auf Kinder.
Es gibt kein Recht auf Kinder, weil weder ein Höchstrichter noch der Papst so ein Recht garantieren kann. Ein Recht auf Kinder ist nirgendwo einklagbar. Glücklich diejenigen, die sich gesunde Nachkommen wünschen und auch welche bekommen. Das ist alles andere als selbstverständlich. Auch dann, wenn eine Frau zum In-vitro-Arzt geht und sich Embryonen implantieren lässt, kann niemand eine Garantie geben, dass nach neun Monaten tatsächlich ein Kind zur Welt kommen wird.
Recht auf Gesundheit
Kein Arzt der Welt kann Gesundheit garantieren. Es gibt in den Wohlfahrtsländern ein Recht auf medizinische Versorgung, aber es gibt kein Recht auf Gesundheit. Gäbe es ein Recht auf Gesundheit, dann könnte man jeden Arzt, dem ein Patient stirbt, und jeden Rettungssanitäter, der einen Patienten erfolglos zu reanimieren versucht hat, vor Gericht verklagen. Das kann man nur, wenn grobe Fehler nachzuweisen sind, aber Garantien zu verlangen, ist abwegig.
Es gibt auch kein automatisches Recht auf Bildung. Hier gibt es die größten Missverständnisse. Es gibt das Recht, unter bestimmten Voraussetzungen eine Bildung zu erwerben, aber dazu müssen die Bildungswilligen regelmäßig Schulen, Vorlesungen, Seminare, Übungen usw. besuchen und Prüfungen absolvieren. Der Irrtum beim Verlangen nach Recht auf Bildung für alle ist beim Zu-Ende-Denken erkennbar. Genauso könnte man verlangen, jeder habe ein Recht auf eine Olympiamedaille, einen Universitätsabschluss und einen Nobelpreis. Wer ein automatisches Recht aller auf alles einfordert, hört schon beim ersten logischen Schlagloch zu denken auf.
„Es gibt in den Wohlfahrtsländern ein Recht auf medizinische Versorgung, aber es gibt kein Recht auf Gesundheit.“
Rudolf Öller
rudolph.oeller@vol.at
Mag. Dr. Rudolf Öller ist
Biologe und Lehrbeauftragter
des Roten Kreuzes.
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