Bergbau im All?

Wissen / 07.02.2021 • 10:00 Uhr
Bergbau im All?
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Große Versprechungen.

Schwarzach „Science Fiction“ nannte man früher: utopisch technische Zukunftsromane. Das beschreibt genau, worum es geht: Um eine Utopie, wörtlich einen „Nicht-Ort“, ein Gebiet, das es nicht gibt. Dagegen denkt man bei der glatten „Science Fiction“, die eine Fiktion wandle sich naturgesetzlich in wissenschaftliche Tatsachen um. Nirgends wird das deutlicher als bei Thema „Rohstoffe aus dem Weltraum“ – vom Mond, von Asteroiden. Wer danach sucht, findet zahlreiche Veröffentlichungen, farbige Visionen künftiger Bergbausiedlungen weit außerhalb der Erde. Die Rede ist von Billionen Tonnen wertvoller Minerale innerhalb von Millionen Kilometern, während auf unserer alten Erde insgesamt nur Milliarden Tonnen vorhanden seien. Schauen wir näher hin: Als erster Abbauort bietet sich wohl der Mond an. Er ist immerhin nur rund 400.000 Kilometer entfernt.

Was wäre auf dem Mond zu holen? Bisher sind knapp 400 Kilogramm Mondgestein auf die Erde gelangt. Das Material an der Oberfläche ist Regolith, ein durch kosmische Strahlung zertrümmertes Gestein aus Silizium, Aluminium und Sauerstoff. Aluminium ist auf der Erde das häufigste Metall, es besteht kein Grund, es vom Mond zu holen. Zwanzigmal höher als in irdischen Gesteinen ist der Gehalt an Titan, sehr begehrt für Legierungen. Die gelten mit 25 Euro pro Kilo als „teuer“. Zum Vergleich: Ein Kilogramm Masse auch nur in die Erdumlaufbahn zu bringen, kostet ungefähr 10.000 Euro. Wo da der Vorteil des Bergbaus auf dem Mond liegen soll, erschließt sich nicht wirklich. Bergbau auf der Erde ist möglich, weil in der Erdgeschichte das reichlich vorhandene Wasser Minerale gelöst, umgelagert und konzentriert hat. Zwar gibt es Wasser auf dem Mond, aber nicht in geologisch wirksamen Mengen; man wird dort keine „Adern“ von welchem wertvollen Rohstoff auch immer finden. Bleibt das Helium 3 im Mondstaub. In der ganzen Erdatmosphäre gibt es davon nur ein paar tausend Kilo, auf dem Mond ist die Konzentration tausendmal größer.

Man kann Helium 3 auch in Atomreaktoren herstellen und verwendet es heute in der Tieftemperaturphysik. In ferner Zukunft könnte es einen neuen Typ von Fusionsreaktoren betreiben. Vorteil: weniger Radioaktivität. Ein solcher Reaktor existiert aber nicht, er ist auch schwerer umsetzbar als die bisher erforschten Konzepte mit Deuterium und Tritium – die funktionieren aber auch noch nicht. Bergbau auf Asteroiden? Diese Himmelskörper sind hundertmal weiter weg als der Mond. Heutige Sonden brauchen Swing-by-Manöver an Planeten, um überhaupt hinzukommen, das dauert Jahre. Dass solche Pläne ernsthaft diskutiert werden, liegt an der Einbildungskraft der menschlichen Fantasie – nichts ist wohl aufregender als „Schlösser, die im Monde liegen“. Christian Mähr