Menu à la surprise
Manchmal frage ich mich (und Google, das mir aber die Antwort schuldig bleibt), wer das „Überraschungsmenü“ erfunden hat. Die Franzosen waren es jedenfalls nicht, bei denen gibt’s „en surprise“ nur heiße Süßspeisen mit eiskaltem (Speiseeis-)Kern und eventuell noch Trüffeln im Teigmantel, deren Aromaentfaltung ohne Vorankündigung auch eine echte Überraschung gewesen sein muss, damals, bevor die Chemiker das Trüffelöl erfanden. Da es aber nicht nur angenehme Überraschungen gibt, lehne ich den Vorschlag eines Menu à la surprise eigentlich immer ab; so auch letzthin im „Irma“, dem 12-Plätze-Gourmetrestaurant im Bezauer „Hotel Post“.
Schließlich fand sich genug Interessantes auf der Karte: Nordseezander mit Spargel, bretonische Seezunge mit Saubohnen, Petersfisch mit Kaisergranat, Lamm, Kalb und Rind, Desserts und Friandises. Die vollständige Abwesenheit des Schweins (mit Ausnahme des Vorkommens im Wort „Saubohnen“) fiel mir auf; Mangalitza oder Buntes Bentheimer müssten sich auch in der 2-Haubenküche nicht schämen. Nun, wir orderten Gelbflossenmakrele und Seezunge als Vorspeisen, Lamm und Rind als Hauptgänge und Rhabarber, Sellerie und Ziegenmilch-Joghurtsorbet als Dessert. Bei vorzüglichen Amuse-gueules und exzellenten Fischen wurde uns klar, dass bei solcher Küche die Surprise wohl kein Risiko wäre, und ich fragte nach Innereien. Küchenchef Markus Wanner zog daraufhin Bries, Hirn und Zunge vom Kalb aus dem Hut, natürlich alles in kleinen Portionen, die Speisekarte gibt ja Preise vom 4- bis zum 8-Gang-Menü an, und zauberte passendes Gemüse und Sauce dazu.
Die Beilagen waren auch bei den Hauptgängen interessant: Morchel und Löwenzahn zum Lamm (von dem es Rücken und Zunge gab), Tropea-Zwiebel und Taubnessel zum „Rind“ (es steht so lakonisch auf der Karte), das sich als sehr schmackhaftes US-Beef erwies. Taubnesseln habe ich so selten auf dem Teller, dass ich mich an die letzte davor erinnern kann, das war beim Vietnamesen in Nonnenhorn, der einfach das ganze Pflänzchen aus dem Hausgarten in die Suppe legte. Im „Irma“ war es doch etwas veredelt worden. Da auch das Dessert allen mittlerweile stark hochgeschraubten Erwartungen entsprach, kann ich nur sagen: Uneingeschränkte Empfehlung! Und nächstes Mal nehm ich auch das Überraschungsmenü.
Gourmetrestaurant „Irma“ im Hotel Post, Brugg 35, 6870 Bezau, Tel. 05514/2207-0, Fax -22, office@hotelpostbezau.com, www.hotelpostbezau.com,
Öffnungszeiten des „Irma“: Fr bis Mo 18.30 bis 21 Uhr, Ferien vom 25. 6. bis 25. 7. 2013