“Die Musik gibt mir ein Gefühl von Freiheit”

Wohin / 21.08.2014 • 13:45 Uhr
Bettina Castaño zeigt Flamenco der besonderen Art.
Bettina Castaño zeigt Flamenco der besonderen Art.

Bettina Castaño fasziniert mit außergewöhnlichen Flamenco-Darbietungen. 

schwarzach. Ab 4. September findet in Lustenau wieder die Reihe „Schau*Lust“ statt. Dabei wird auch Flamenco-Tänzerin Bettina Castaño zu sehen sein. Die außergewöhnliche Künstlerin im VN-Gespräch.

Wie sind Sie zum Flamenco-Tanz gekommen?

Castaño: Über die Musik. Flamencotanz ist einer der wenigen Tanzarten, bei der man auch Musiker sein muss. Das ist nicht einfach, aber genau das Richtige für mich. Für mich ist Musik sehr wichtig. Mit meinen Füßen, Händen, Kastagnetten, Pandereta, Zimbeln, Cajón etc. bin ich auch Perkussionistin

Was ist für Sie das Faszinierende an diesem Tanz?

Castaño: Die Freiheit.

Mit Ihren Darbietungen bewegen Sie sich auf sehr hohem Niveau. Wie oft und wie lange proben Sie?

Castaño: In meinen Ausbildungsjahren arbeitete ich sehr hart bis zu 10 Stunden täglich. Nun hat sich meine künstlerische Arbeit etwas verlagert. Ich choreographiere und konzipiere all meine verschiedenen Programme selber, was auch sehr zeitaufwendig ist. Das heißt, ich bin genau so lang mit der Musik wie mit dem Tanz beschäftigt.

Sie gehen mit Ihren Tanzprogrammen ganz neue Wege, bieten nicht nur reinen Flamenco, sondern machen auch beeindruckende Experimente mit World Music. Sind die Reaktionen darauf durchwegs positiv oder gibt es auch kritische Stimmen zu so viel Progressivität?

Castaño: Nicht nur World-Music, auch in der Klassik-Szene bin ich zu Hause. Kritische Stimmen kommen sehr selten von den Puristen oder denen, die ein hohes Niveau nie erreicht haben. Von Künstlern mit sehr hohem Niveau, egal in welcher Kunstgattung, bekomme ich schönste Komplimente und Anerkennung.

Wie kam die Idee dieser interkulturellen Projekte zustande? Was gab Ihnen die Inspiration dafür?

Castaño: Die Ideen dazu kamen aus mir selbst. Ich versuchte als junge Tänzerin in den spanischen Tanzkompanien Fuß zu fassen, aber als Schweizerin hatte ich keine Chance, damals eine offizielle Arbeitsgenehmigung zu bekommen. Mit der Zeit merkte ich, im Vergleich mit anderen Tänzerinnen, dass mein Bewegungsreichtum und meine Musikalität über den Flamenco hinauswuchs, so dass ich anfing, auch nach anderen Musikrichtungen zu tanzen, nicht nur nach Flamencomusik. Und so blieb es nicht aus, dass ich beispielsweise mit meiner heimischen Appenzellermusik, dem Basler Sinfonieorchester oder dem Philharmonischen Orchester von Montevideo zusammenarbeitete, oder mit den Berky-Teufelsgeigen aus Bratislava, dem wohl stärksten und berühmtesten osteuropäischen Oktett. Oder mit Thomas Demenga, ein Ausnahme-Cellist Europas. Er spielt die Bachsuiten und ich tanze dazu auf Flamencoart. Aber auch auf Sounddrumplatten tanze ich, auf denen ich ein Schlagzeugsolo mit den Füßen hinlege, bei gleichzeitiger Begleitung eines echten Schlagzeugers. Auch liebe ich es, neue Musik– und Tanzkulturen kennenzulernen und mit deren Musikern neue Stücke zu kreieren, ob in Indien, Korea, Afghanistan etc. Das alles motiviert mich. Musik zu fühlen, sie in Tanz umzusetzen, gibt mir ein Lebensgefühl von Freiheit.

Sie treten bei Schaulust in Lustenau mit den „Alder Buebe“ aus dem Appenzell auf, die alte und neue Schweizer Volksmusik spielen. Wie schwierig ist es, Choreographien für so Flamenco-untypische Musik zu performen?

Castaño: Appenzeller Streichmusik ist eine eigene Kunstgattung und auch eine Tanzmusik, die ich als Mädchen selber auf meinem Cello spielte und auch tanzte, auch wenn sie als Volksmusik erklärt wird. Aber diese Gattung wird nur in Appenzell gespielt, ist dort geboren, so wie der Flamenco nur aus Andalusien kommt. Die „Alder Buebe“ sind nicht nur weltoffen für neue Experimente, sondern darüber hinaus auch virtuos, was eine Verbindung zum Flamenco ermöglichte. Wenn mir die Musik wirklich gefällt, ist es ein Vergnügen, sie zu tanzen.

Gibt es eine Musikrichtung, die sich nicht mit Flamenco verbinden lässt?

Castaño: Ja, Hardcore. Aber rhythmisch gesehen würde auch das gehen. Es kommt wirklich auch auf die Musiker an. Je virtuoser und musischer sie sind, desto besser die Verbindung zum Flamenco, desto unkomplizierter das Miteinander schon während der Proben und auf der Bühne. Flamenco ist von seiner Geschichte ein Schmelztiegel von vielen Kulturen.

Sie geben auch Kurse im Flamenco-Tanz. Welche Voraussetzungen muss man mitbringen, um Flamenco tanzen zu lernen?

Castaño: Freude am Tanzen, Rhythmus und Musik. Ich leite in St. Gallen ein Flamencoprojekt und gebe Workshops überall.

Wie sehen Ihre zukünftigen tänzerischen Pläne aus?

Castaño: Viele Ideen aus Klassik und World Music, die ich noch umsetzen will.

Zur Person

Bettina Castaño

Wohnort: Sevilla

Familienstand: in wilder Ehe

Lebensmotto: Musik muss gefühlt werden, um sie in Tanz umzusetzen

Bettina Castaño & Alder Buebe,
6. September im Millennium Park in Lustenau. Infos: www.schaulust.net. Karten: Musikladen, v-ticket.at