“Beim Zuhören habe ich Gänsehaut gekriegt”

Als „unglaublich schöne Partie“ bezeichnet Iulia Maria Dan die Ofelia im „Amleto“.
Bregenz. Für sämtliche Beteiligten war es Neuland, als die Bregenzer Festspiele mit der Absicht auf sie zukamen, die 1865 uraufgeführte Oper „Amleto“ des Italieners Franco Faccio zu realisieren, deren Wiederentdeckung sich Intendantin Elisabeth Sobotka vorgenommen hatte. Neben Pavel Cernoch, der die Titelpartie singt, übernahm die junge Sopranistin Iulia Maria Dan die Ofelia. Sie hat an der Münchner Staatsoper gesungen und ist nun unter anderem in Hamburg engagiert.
Die Ofelia ist eine große Rolle mit einer sehr schönen Arie. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich Ihnen dabei?
Dan: Ich war neugierig, wie sich die Musik singen lässt, ich hatte gehört, dass das Werk ein bisschen nach Verdi klingt, ich habe dann das Orchester gehört und gedacht, gut, da gibt es einiges zu kämpfen und man braucht ziemliche Kraft, wenn man das aber etwa mit der Belcanto-Technik singt, dann braucht man nicht zu forcieren, auch wenn das Orchester sehr kräftig ist. Die Ofelia ist die Unschuldige, die nur die Wahl hat, sich umzubringen. Man kann darüber diskutieren, wie bewusst das geschieht.
Sie ist hier auch eine starke Frau. In einigen Shakespeare-Inszenierungen wird sie zwar nicht als solche dargestellt, sie geht aber recht forsch auf Hamlet zu. Wie sehen Sie das?
Dan: Ja, diese Momente geben der Figur Charakter. Für mich ist es sehr befriedigend, dass sie nicht eindimensional angelegt ist. Es gibt keine Frau, die einfach nur Opfer ist, Ofelia ist zwar ein Opfer, sie hat aber auch ihre eigene Gedankenwelt und lässt das auch erkennen.
Die Partie enthält eine große Wahnsinnsarie, wo liegen da die Schwierigkeiten?
Dan: Es ist keine typische Wahnsinnsarie wie die der Lucia, weil sie nicht auf Virtuosität angelegt ist. Ofelia verlässt diese Spiel-im-Spiel-Szenerie und findet irgendwie auch Ruhe. Sie ist traurig, aber sie zeigt es nicht. Da lässt sie das, was passiert, geschehen, hat aber vielleicht auch keine Wahlmöglichkeit mehr.
Die Oper war so gut wie unbekannt. Ich nehme an, auch Sie hatten zuvor nichts davon gehört. Wie beurteilen Sie nun das Werk, mit dem Sie sich eingehend beschäftigt haben?
Dan: Beim Zuhören habe ich Gänsehaut gekriegt. Mit den Wiener Symphonikern und Paolo Carignani zu arbeiten war unglaublich schön. Ich hatte mich einmal ins Publikum gesetzt, um diesen Trauermarsch zu hören, der der erfolgreichste Teil der Oper war. Es gibt in diesem Werk sehr viel zu entdecken, es sind unglaublich schöne Melodien drin und die Charaktere sind gut gezeichnet.
Was meinen Sie, hat das Werk das Zeug, um auf den Spielplänen zu bleiben?
dan: Es würde sich für das Publikum jedenfalls lohnen. Wir haben schon bei der Generalprobe die Reaktionen der Leute gesehen. Sie haben ein bisschen abgewartet, sich dann aber begeistert gezeigt. Gut, der Tenor hat es ein bisschen schwer, aber sonst sind die Partien stimmlich gut zu bewältigen. Man hat nicht oft die Möglichkeit, eine so schöne romantische Oper neu zu entdecken. Ich hoffe sehr, dass sie öfter in den Spielplänen auftaucht, das heißt, ich bin mir fast sicher, dass das so sein wird.
Sie singen viel Mozart, wohin möchten Sie sich entwickeln?
Dan: Ich singe sehr gerne Mozart, werde die Contessa in „Le nozze di Figaro“ auch wieder singen, aber auch mehr lyrische Partien. „Traviata“ möchte ich gerne singen und weitere Verdi-Partien, die großen vielleicht noch nicht, da muss ich noch warten.
Gab es einen Moment in Ihrer Jugend, an dem Sie sagten, so und jetzt möchte ich Opernsängerin werden?
Dan: Ich habe früh mit klassischem Gesang angefangen, hatte mich aber noch nicht entschieden, wollte mir noch die Wahlfreiheit genehmigen. Aber irgendwann beim Ablegen der Prüfungen war dann klar, dass es läuft und dass ich das tun möchte. Im Opernstudio in München konnte ich alle Facetten kennenlernen und war froh über meine Entscheidung.
Was kommt als Nächstes und konnten Sie Bregenz überhaupt ein bisschen genießen?
Dan: Im Herbst kommt die erste Dame in der „Zauberflöte“. Und nach der Premiere möchte ich gerne einmal im Bodensee baden.
Zur Person
Iulia Maria Dan
Geboren: 1987 in Rumänien
Ausbildung: Musikuniversität Bukarest
Laufbahn: Engagements u. a. an der Bayerischen Staatsoper, an der Oper Graz, an der Staatsoper in Hamburg. Partien in Opern von Mozart, Bizet, Massenet, Faccio, Tschaikowsky etc.
Weitere Aufführungen finden am 25. und 28. Juli, jeweils 19.30 Uhr, im Bregenzer Festspielhaus statt.