„Bilderfahrzeuge“ durch die Zeit

Zett_Be / 11.06.2021 • 12:06 Uhr
Eine Collage von „Bilderfahrzeugen“ zeigt auf, wie Bildmotive über Jahrhunderte hinweg wirksam sind (Ausstellung im Palais Liechtenstein).
Eine Collage von „Bilderfahrzeugen“ zeigt auf, wie Bildmotive über Jahrhunderte hinweg wirksam sind (Ausstellung im Palais Liechtenstein).

Aktuelles Bildmaterial aus Kunst, Werbung und Medien stellt einen visuellen Bezug zu den Darstellungen auf dem Annenaltar her.

Feldkirch Der berühmte Kunsthistoriker Aby Warburg hat vor über 100 Jahren einen riesigen Bilderatlas mit 971 Bildvorlagen auf 63 Tafeln zusammengetragen. Er wollte das europäische Bildgedächtnis erkunden. Welche Bilder, welche Darstellungsmotive, welche Gebärden werden von der Antike her überliefert? „Pathosformel“ nennt Warburg solche vorgeprägten Darstellungsformen und entdeckt „Bilderfahrzeuge“, gar eine „Motivautobahn“.

Wir leben heute in einer wahren Bilderflut. Gibt es auch aktuell noch Darstellungen, die sich auf diesen ikonographischen Kanon, dem auch der Annenaltar folgt, beziehen? Welche Zusammenhänge sind erkennbar? Welche Inhalte transportieren sie jetzt?

Bildbeispiele

Wir haben eine Fülle an Bildbeispielen zu den berühmten Bildern des Annenaltars gefunden. So gibt es Engelsdarstellungen heute vor allem in Werbung, Film und Mode, das „Schweißtuch der Veronika“ vom Annenalter erinnert in Details an aktuelle Produktwerbungen oder an die Präsentation von Transparenten auf Demonstrationen, aber es lassen sich auch aktuelle Beispiele für das Motiv der Beweinung, z.B. beim amerikanischen Fotokünstler Jon Henry, finden. Henry inszeniert verletzte oder gar ermordete schwarze Menschen in den Armen von Frauen und stellt damit diese berühmte christliche Bilddarstellung in den Zusammenhang mit der „Black Lives Matter“-Bewegung. Die visuellen Fundstücke werden in Form einer Collage im Rahmen der aktuellen Ausstellung im Palais Liechtenstein präsentiert oder sind über „Padlets“ auf der Homepage zugänglich.

Informationen zur Serie „Stranger Fruit“, die die Beweinungsszene aus der christlichen Ikonographie aufgreift und sie als Statements zu „Black Lives Matter“ in unterschiedlichen Medien präsentiert, findet man unter: www.jonhenryphotography.com/about