Faye Bellet, 3c, BG Gallusstraße, Bregenz

Extra / 21.06.2015 • 20:46 Uhr

Mit Lesen wäre vielen sehr geholfen! Ob sie es mir irgendwann glauben? Wahrscheinlich nicht, denn sie hören ja nicht einmal auf ihre eigenen Mütter. Sie stehen in Gruppen beieinander, vertieft in eine andere Welt. Nicht etwa in ein Buch, sondern in eines ihrer Smartphones. Manche Kinder stehen auch vereinzelt da. Statt mit ihren Freunden zu spielen, zu rennen oder zu toben, lehnen sie sich an die Mauern der Schule und beschäftigen sich nur noch mit der modernen Technologie.

Zu meiner Zeit gab es so etwas nicht, ich bin mit meinen Freunden um die Wette gelaufen, habe mit ihnen Verstecken gespielt oder sonst etwas. Jetzt ist das alles anders. Ob sich heute noch ein Kind dazu aufraffen wird, wie in alten Zeiten zu spielen? Spielen tun sie, allerdings nicht miteinander, sondern nur mit ihren Handys.

Wenn ich ihnen die Handys verbieten würden, was wäre dann? Würde sich alles ändern? Die Pausenglocke klingelt. Wie Zombies schlurfen die Viertklässler in das Schulgebäude hinein, den Blick fest auf den Bildschirm gerichtet. Nur im hintersten Eck des Pausenhofs raufen noch zwei Buben miteinander, schmeißen sich zu Boden, treten einander und boxen sich gegenseitig in den Bauch. In einem Meer aus Erinnerungen eile ich hin, bin mit meinen Gedanken bei der Zeit vor dreißig Jahren. Wie viel sich doch verändert hat.

Ich trenne die beiden Jungs und gehe mit ihnen ins Innere der Volksschule. Der Boden grau, die Wände grau, Stille. Keine fröhlich blickenden Kinder rennen durch die langen, dunklen Korridore mehr. Nur der Hall meiner Schritte ist zu hören. Durch die geschlossenen Fenster fällt kein Lichtstrahl mehr in das düstere Gebäude. Ich laufe den Gang entlang, rechts von mir zehn Türen, alle sehen gleich aus: grau.

Endlich erreiche ich das Klassenzimmer 106, 4b. Ich öffne die Tür, und alles, was mir entgegenkommt, ist Stille. Der Boden ist voller Staub, die Fenster verschlossen. Die grauen Bänke stehen gerade dar, keine bunte Federschachtel ist zu sehen. Das Pult, die Tafel, alles düster. Die Schüler schieben, als ich das Klassenzimmer betrete, ihre Handys unter die leeren Bänke, sie starren ausdruckslos aus dem Fenster, hinab auf den dunklen Pausenhof. Was hat sich bloß verändert? Was ist aus den fröhlichen, glücklichen Kindern geworden? Die Deutschschularbeit steht an. Ich teile die schwarz bedruckten Blätter aus.

Meine Hoffnungen habe ich aufgegeben. Alles hat sich verändert und es wird sich auch weiterhin verändern.