Der Grundstein zur Karriere ist gelegt

Für über 1900 Vorarlberger Maturanten beginnt jetzt der nächste Lebensabschnitt.
Schwarzach. 1922 junge Menschen aus Vorarlberg sind heuer angetreten, um die Matura abzulegen. Die vergangenen Wochen, die das Ende ihrer Schulkarriere markierten, waren ein Auf und Ab der Gefühle für die Prüflinge. Wochenlang büffelten sie konzentriert, absolvierten ihre schriftlichen und mündlichen Prüfungen unter Anspannung, ehe beim feierlichen Valet der Stolz über das Erreichte in den Vordergrund trat.
Jetzt im Juli ist die Zeit zum ausgelassenen Feiern, wie man sie im Leben selten hat. Denn nach „Summer Splash“ und Maturafahrt wartet auf die meisten der von Neugier und Aufregung begleitete erste Schritt in einen neuen Lebensabschnitt.
Dabei stand der diesjährige Maturajahrgang unter besonderer Beobachtung, war er doch der erste, der die Zentralmatura vorgesetzt bekam. Nicht mehr von den eigenen Lehrern, sondern aus Wien kamen die Prüfungen, die es abzulegen galt. Noch nicht lange ist der Schock her, den die Mathematik-Test-Prüfung auslöste: Katastrophale Ergebnisse führten zu Verunsicherung bei den Schülern und zu Kritik am neuen Prüfungsformat. So mancher Maturant fühlte sich als Versuchskaninchen.
Gute Quote erwartet
Doch die Katastrophe blieb aus: Zwar liegen endgültige landesweite Zahlen noch nicht vor, auch diese Verzögerung ist eine Auswirkung der Zentralmatura. Landesschulinspektorin Christine Schreiber erwartet jedoch, dass in den Gymnasien sogar mehr Schüler bestanden haben als im Vorjahr, als 88 Prozent die Matura auf Anhieb schafften. Die berufsbildenden höheren Schulen werden ihre Erfolgsquote von 91 Prozent einstellen, prognostiziert Schreiber.
Am Modell der Zentralmatura will die Landesschulinspektorin nicht rütteln, gewähre sie doch einen fairen Leistungsvergleich.
Auch die Vorwissenschaftliche Arbeit, die viele angehende Maturanten vor eine große Herausforderung stellt, „lief sehr erfreulich“, sagt Schreiber, räumt aber ein: „Die erste Generation hat den Sprung ins kalte Wasser wagen müssen, bei der zweiten wird es dann anders laufen.“ Man sei gerade dabei, die Erfahrungen zu evaluieren.
Fremder Korrektor
Wie sieht die Zukunft der Matura aus? Sollten die Lehrer nach der Aufgabenstellung auch die Korrektur aus der Hand geben? „Es wäre der logische Schritt“, sagt die Landesschulinspektorin, „es ist ein Grundgedanke, dass nicht mehr der gleiche Lehrer unterrichtet, die Aufgaben stellt und sie korrigiert.“ Die frischgebackenen Maturanten wird das nicht mehr betreffen. Egal, ob Studium oder Ausbildung, die nächsten Jahre werden den Karriereweg jedes Einzelnen bestimmen und weiterhin formen.
Dass Schulpolitik und Bildungssystem ohnehin steter Veränderung unterworfen sind, zeigt sich zum Beispiel, wenn man Norbert Häfele (68) zuhört. Der pensionierte Direktor des Bundesgymnasiums Dornbirn-Schoren legte seine Reifeprüfung vor genau 50 Jahren ab (siehe Seite 17). Als Kaderschmiede für Akademiker galt das Gymnasium damals, das mehrgliedrige System von Schulen, über die der Weg zur Matura führt, gab es in dieser Form noch nicht.
Auch die Möglichkeiten danach sind vielfältiger geworden. Nicht mehr nur die Universität, sondern auch das Studium an der Fachhochschule oder auch eine Lehre gehören zu gängigen Karrierewegen für Maturanten.
Und mehr denn je wird den Absolventen ein Semester im Ausland nahegelegt. Denn neben Know-How legt man auch Wert auf die sogenannten Soft Skills. 1965 hätte man dazu vielleicht „Charakterbildung“ gesagt.
Die erste Generation hat mit der VWA den Sprung ins kalte Wasser wagen müssen.
Christine Schreiber
Impressum
Texte: Aaron Brüstle, Klaus Hämmerle, Peter Schuster, Gernot Schweigkofler
Fotos: Klaus Hartinger, Oliver Lerch, Peter Schuster, Schulen
Layout: Christian Lorenz, Stefan Grätzner