Welt im Wandel durch Bürgerinitiativen

Extra / 03.07.2016 • 18:16 Uhr
„Letztlich zählen nicht die großen Konzepte, sondern das tatsächliche Handeln“, sagt Haberkorn-Vorstand Mag. Gerald Fitz. „Der verinnerlichte Nachhaltigkeitsgedanke wirkt im gesamten Team sinnstiftend.“ Fotos: Haberkorn
„Letztlich zählen nicht die großen Konzepte, sondern das tatsächliche Handeln“, sagt Haberkorn-Vorstand Mag. Gerald Fitz. „Der verinnerlichte Nachhaltigkeitsgedanke wirkt im gesamten Team sinnstiftend.“ Fotos: Haberkorn

Die Kräfte der positiven Veränderung aus der Zivilgesellschaft werden bewusst.

Bregenz. (vd) „Das kohlenstoffbasierte Weltwirtschaftsmodell ist auch ein normativ unhaltbarer Zustand, denn es gefährdet die Stabilität des Klimasystems und damit die Existenzgrundlagen künftiger Generationen. Die Transformation zur Klimaverträglichkeit ist daher moralisch ebenso geboten wie die Abschaffung der Sklaverei und die Ächtung der Kinderarbeit“, so leitet der wissenschaftliche Beirat der Deutschen Bundesregierung seine Studie „Welt im Wandel“ unmissverständlich ein. Es braucht also einen gestaltenden Staat, der aktiv Prioritäten setzt, der gleichzeitig aber auch die Teilhabemöglichkeiten der Bürger ausweitet. Politik muss den angestrebten Wandel auch annehmbar machen, das Bewusstsein stärken, dass die angesprochene Transformation eben eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung ist. Jeder in seiner Rolle.

Grenzen des Wachstums

Für sinnvolle Entwicklung von Ökonomie, Ökologie und Sozialem in Harmonie statt Wachstumszwang plädiert der deutsche Politikwissenschaftler Claus Leggewie und ortet den „Mut zur Veränderung“ im „Aufbruch in die Bürgergesellschaft“. Wichtige Veränderungen kommen nicht von oben durch die „große“ Politik, sondern sie wachsen von „unten“ durch viele einzelne Initiativen auf allen Ebenen in der Zivilgesellschaft. So bleiben die Kräfte der Veränderung oft auch lange quasi unter der Oberfläche verborgen und treten erst ins breite Bewusstsein, wenn sie bereits stark sind.

Diskussionen um die Grenzen des Wachstums und die Suche nach klima- und umweltverträglichen Entwicklungspfaden sind inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Damit eröffnen sich zunehmend Möglichkeiten, für umweltverträgliche, nachhaltige Experimente und Initiativen, was den Wandel beschleunigt. Pioniere des Wandels finden sich daher erfreulicherweise inzwischen in allen Bereichen der Gesellschaft und Wirtschaft – besonders in Vorarlberg.

Ziel: Energieautonomie

„Der Beschluss zur Energieautonomie Vorarlberg beschreibt ein Szenario des kompletten Ausstiegs aus fossilen Energieträgern, der aber, was vielleicht weniger bewusst ist, eine grundlegende Transformation bedeutet“, informiert der Klubobmann der Grünen und Energie-Experte Adi Groß. „Denn es berührt alle Lebensbereiche, geht es etwa um Fragen, wie wir wohnen, wie wir mobil sind, wie wir uns ernähren oder welche Konsumgewohnheiten wir haben. Das eröffnet zahlreiche neue Chancen und orientiert sich an grundlegenden Lebensqualitäten und gleichzeitig an einem hohen Wohlstandsniveau. Energieautonomie stellt neben inhaltlichen Infos zum Programm ganz viele konkrete Schritte in die Energieautonomie vor, gesetzt von engagierten Personen, Gemeinden und Unternehmen.“ Als Beispiele nennt Groß die Aktivitäten der Familie Siegl: „Mit viel Vernunft zu weniger Verbrauch“ oder „e5-Gemeinden mit Vorbildwirkung“ oder die Firma Rondo beim „Energiesparen mit Wettbewerbsvorteil“. Der Wolfurter Industriebetrieb Haberkorn ist der größte technische Händler Österreichs und ist in Sachen Klimaschutz und in Richtung Energieautonomie Vorreiter. Das gesamte Team des Familienunternehmens mit insgesamt 1500 Mitarbeitern lebt die Werthaltung in der täglichen Arbeit. „Nachhaltiges Handeln heißt für uns: wertschätzender Umgang mit Mitarbeitern, ressourcenschonende Prozesse und die bewusste Gestaltung von Sortiment und Services“, sagt Vorstand Mag. Gerald Fitz. Die Firma Haberkorn versorgt Industrie- und Bauunternehmen mit Arbeitsschutz, Schmierstoffen und technischen Produkten sowie Produktdienstleistungen und ist in der Branche Multispezialist. Ökologisch-soziales Wirtschaften wird großgeschrieben.

Mehrwert schaffen

„Mit unseren Aktivitäten wollen wir einen Mehrwert für Gesellschaft, Lebensraum und unser Unternehmen schaffen. Das Engagement des Teams reicht vom betrieblichen Mobilitätsmanagement über Sortiments-Checks bis hin zu Vorträgen über Ernährung und psychischer Gesundheit. Letztlich zählen nicht große Konzepte, sondern das tatsächliche Handeln. Zahlreiche Auszeichnungen und Kooperationen bestätigen unser Tun. Die Mitarbeitereinbindung auf breiter Basis erzeugt bei den Mitarbeitern Identität und wirkt sinnstiftend. Der Schwerpunkt Nachhaltigkeit wirkt sich positiv auf das Image aus. Dies zeigt sich speziell im ,employer-branding‘. So werden wir von unseren Bewerbern fast durchgängig auf das Thema Nachhaltigkeit angesprochen“, führt Gerald Fitz aus. „Wichtig ist auch die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und Organisationen, um gemeinsam voneinander zu profitieren. So haben wir zusammen mit acht führenden Vorarlberger Unternehmen das Klimaneutralitätsbündnis 2025 initiiert.“

Die Zukunft hat begonnen

Die Kampagne „probier amol“ zeigt anhand vieler Beispiele und Initiativen aus Vorarlberg, wie man in einem definierten Rahmen, in einem vertrauten sozialen Umfeld, einfach mal etwas Neues ausprobieren kann. Nur wenn man mit einer anderen Praxis positive Erfahrungen verbindet, kann sie dauerhaft werden und sich als Haltung verfestigen. „Handeln und Mitmachen“ ist das Motto in der Buntheit des Lebens. Von „Gemüse rockt“ über „Hier gibt’s was auf die Ohren“, „gemeinsam fährt man weniger allein“ bis zu „Routine den Kampf ansagen“. Eben „amol probieren“ einen Schritt zu setzen und zu sehen, dass es geht, ermuntert Adi Groß. „Eine große Pionierin ist die Initiative utopia.de. Mit zahllosen ganz konkreten Tipps für ein anderes Leben. Vom Leben ohne Plastik, über die Wahl der richtigen Versicherung bis zu vielen Produktinformationen findet sich eine Fülle an Infos und Aktionen – etwa „9 Produkte, die wir kaufen, obwohl sie völlig absurd sind“. Die Website „futurzwei – die Zukunft hat begonnen“ betreibt ein Zukunftsarchiv, auf dem man spannende Geschichten nachlesen kann über Initiativen, die zukunftstauglich sind, und die es heute schon gibt, informiert Groß. Zum Beispiel die Geschichte „Paprika statt Parkplatz“. „In Vorarlberg haben sich in den letzten Jahren mit großem Engagement einzelner Personen mehrere Reparaturcafés etabliert“, führt Adi Groß aus. „Viele Geräte und andere Dinge kann man reparieren und muss sie nicht gleich wegwerfen. Das schont selbstredend Ressourcen, aber auch die Brieftasche. Denn bei vielen ist sie ohnehin nicht so dick. Ein Pionier in Sachen Reparaturcafé ist Harald Mark, mit dem Repair Café Nenzing.“ Interessant ist auch die Initiative zur Messung und Bewertung des ökologischen Fußabdrucks. Per Fußabdruckrechner mein-fussabdruck.at kann man feststellen, ob der eigene Lebensstil verträglich für den Blauen Planeten und seine Bewohner ist.

Ausstieg aus fossiler Energie bedeutet völlige Transformation.

ADI GROSS

In Kooperation profitieren Unternehmen voneinander.

GERALD FITZ
Welt im Wandel durch Bürgerinitiativen
Welt im Wandel durch Bürgerinitiativen

Interessante Links

» energieautonomie-vorarlberg.at

» probieramol.at

» utopia.de

» futurzwei.de

» repaircafe.org

» mein-fussabdruck.at

» eingutertag.org

» www.haberkorn.com

» Claus Leggewie https://www.youtube.com/watch?v=C6Tt4g3QTAg