Marktgemeinde Frastanz setzt Priorität auf Bildung

Bürgermeister Walter Gohm will Schulzentrum in Fellengatter umsetzen.
Interview Sei es eine Pandemie, Wahlverschiebung oder Proteste gegen zu starken Verkehr – der Frastanzer Bürgermeister Walter Gohm „durfte“ in seinem ersten Jahr als Gemeindeoberhaupt die harte Schule durchlaufen. Nichtsdestotrotz sitzt er nach diesem Jahr mit gestärktem Rücken und klaren Plänen fest im Sattel, wie er im Interview mit den VN erklärt.
Sie sind seit knapp einem Jahr Bürgermeister von Frastanz, wie verlief das erste Jahr für Sie?
Gohm Das Bürgermeisteramt ist eine tolle und eine spannende Aufgabe. Ich glaube zudem, dass ich in diesem Jahr schon sehr vieles erlebt habe – die Coronapandemie, eine verschobene Wahl, der Lockdown … Das sind alles Sachen, die fast schon einmalig sind in einer Bürgermeisterkarriere. Des Weiteren habe ich in diesem Jahr auch einen Perspektivenwechsel in der Gemeindearbeit erlebt. So kannte ich bereits die Arbeit in der Gemeindevertretung und in den Ausschüssen, die Arbeit als Bürgermeister ist aber eine ganz andere. Ich will damit aber nicht sagen, dass ich es unterschätzt habe. Das Amt ist eine Aufgabe, die mir Spaß macht, zumal ich familiär und von meinem Team im Rathaus sehr gut unterstützt werde.
Kurz nach Ihrem Antritt als Bürgermeister vor knapp einem Jahr wurden Sie mit den Bürgerprotesten auf der Letze bzw. in Frastanz-Fellengatter konfrontiert. Was konnte seither für die verkehrsgeplagten Bürger umgesetzt werden?
Gohm Grundsätzlich wird es nicht allzu viele Lösungen geben. Der Verkehr über die Letze lässt sich ja auch nicht wegreden. Nicht nur der Durchzugsverkehr, sondern auch der Individualverkehr hat in Fellengatter zugenommen. So herrschte in den vergangenen Jahren ein großer Zuzug, wofür die Straßen nicht ausgelegt waren. Wir haben mit der Ampelregelung nun die Überfahrt für die Grenzgänger unattraktiver gemacht, langfristig muss aber eine konstruktive Lösung gefunden werden. So müssen wir auch eingestehen, dass wir das Problem in der Parzelle Fellengatter nicht allein lösen können, das muss gemeinsam mit der Stadt Feldkirch und der BH bewältigt werden. So lange es keine Alternative – sprich Stadttunnel – gibt, werden wir den Verkehr aber nicht wegrechnen können.
Im Ortskern brummen die Baumaschinen, insbesondere beim Bildungszentrum Frastanz-Hofen. Wie ist hier der Stand, kann die geplante Fertigstellung 2021 trotz Corona eingehalten werden?
Gohm Es ist schon spannend, den ehrgeizigen Bauzeitplan einzuhalten. Stand ist, dass mit dem Schuljahr 2020/21, also mit dem 14. September, die Kinderbetreuung, der Kindergarten und ein Teil der Volksschule im neuen Bildungszentrum durchstarten. Der zweite Bauabschnitt wird mit Ferienbeginn angegangen und bis Frühjahr 2021 vollständig abgeschlossen werden, sodass im Schuljahr 2021/22 das Bildungszentrum vollständig in Betrieb geht. Neben den Bildungseinrichtungen hat dann auch das neue Musikheim eine Mehrfachnutzung – neben dem Musikverein als Hauptnutzer finden hier auch der Männer- und Frauenchor, die Schüler- und Jugendchöre, die Saminataler und ein Teil der Musikschule Walgau ihre neue Heimat.
Im vergangenen Jahr wurde der Ortskern auch durch den Saminapark bereichert. Wie hat sich die neue Zentrumsverbauung bereits ausgewirkt?
Gohm Der Saminapark ist ein Beispiel dafür, dass eine Zentrumsverbauung nie isoliert und nur mit Hochbauten betrachtet werden soll. Seit seiner Eröffnung im September 2019 und jetzt insbesondere durch die wärmeren Tage ist generell eine viel höhere Frequenz im Ortszentrum zu verzeichnen. Auch der Gemeindepark neben dem Saminapark wird jetzt stark frequentiert. Wir tragen hier bei, indem wir die Infrastruktur laufend verbessern. So wurde ein attraktives Baumhaus aufgestellt und eine neue Rutschbahn montiert. Auch die Bocciabahn wurde wieder in Betrieb genommen. Es zeigt sich auch, dass die Gemeinde mit der Kurzparkzone hier frühzeitig reagiert hat. Natürlich bringt eine höhere Frequentierung jetzt auch neue Herausforderungen mit sich. So eruieren wir aktuell, wie die Müllentsorgung im Zentrum am besten funktioniert. Weitere Entwicklungsschritte in Bezug auf das Zentrum wurden ebenfalls gesetzt. So wollen wir bei der Weiterentwicklung des frei gewordenen Holzplatzes die Jugendlichen miteinbinden, auch eine Stiege zur Samina hinunter ist geplant.
Wo drückt der Schuh in Frastanz noch? Welche Projekte müssen demnächst angegangen werden?
Gohm Es gibt verschiedene Projekte, an welchen wir bereits dran sind. Ich sehe die Gemeinden gerade auch in der heutigen Situation in einer wichtigen Rolle, die Wirtschaft wieder nach vorne zu bringen – im Rahmen der jeweiligen finanziellen Möglichkeiten natürlich. Wir haben beispielsweise ein Projekt für den Schulstandort in Fellengatter aufgegleist. Ein Architekturwettbewerb soll uns 2021 dann als Entscheidungsgrundlage für die weitere Vorgehensweise – vielleicht im Sinne eines Bildungshauses oder Schulzentrums Fellengatter – dienen. Was uns noch freut, ist, dass in Fellengatter erstmals eine Spielgruppe angeboten werden kann. Wir haben hier bereits 14 Anmeldungen, was unsere kühnsten Erwartungen übertrifft und den Bevölkerungswachstum in Fellengatter nochmals unterstreicht. In Kombination mit der Spielgruppe kann jetzt erstmals auch eine Mittagsbetreuung angeboten werden.
Dann werden die Projekte nicht von der Coronapandemie negativ beeinflusst?
Gohm Selbstverständlich haben wir die Verantwortung, gut auf die Gemeindefinanzen zu achten. Und ja, der finanzielle Spielraum ist jetzt kleiner. Nichtdestotrotz muss die Gemeinde hier auch ein Konjunkturmotor für die heimische Wirtschaft sein. Beim Bildungszentrum Frastanz-Hofen werden beispielsweise 97,5 Prozent aller Arbeiten an heimische Unternehmen vergeben. Alle Projekte einzustellen, wäre jetzt auch unrealistisch, da das auch wieder zu Mehrkosten führt. In Absprache mit dem Gemeindevorstand und dem Finanzausschuss wurde aber eine Prioritätenliste erstellt und die Einigung erzielt, dass an den laufenden Projekten nicht geschraubt wird.
Wie bereits berichtet, ist für die Jagdberggemeinden, Göfis und Frastanz ein gemeinsames Abfallwirtschafszentrum Walgau West im Gespräch. Dieses soll voraussichtlich auf Frastanzer Gemeindegebiet errichtet werden. Wie ist hier der Stand?
Gohm Das Projekt Abfallwirtschaftszentrum Walgau West wurde im vergangenen Herbst wieder aufgegriffen. Es gibt dabei immer wieder Standortwünsche, die nicht umsetzbar sind, da es Auflagen gibt, die nicht einzuhalten wären. Im Herbst 2020, spätestens Anfang 2021, sind wir aber so weit, um das Projekt in der Öffentlichkeit zu präsentieren. VN-JLO
Zur Person
Walter Gohm
Geboren 22. März 1966
Familie verheiratet mit Marion, zwei Kinder, Anna und Josef
Werdegang kaufmännisch-technische Ausbildung, viele Jahre im internationalen Vertrieb, Unternehmer, seit einem Jahr Bürgermeister
Hobbys Tennis, Mountainbike fahren und Skitouren, lesen und Garten