Sprossen auf dem Weg nach oben

Extra / 02.03.2022 • 13:30 Uhr
Handwerksmeister ihres Faches sind nach langen Verhandlungen Akademikern gleichgestellt. Fotos: Reuters
Handwerksmeister ihres Faches sind nach langen Verhandlungen Akademikern gleichgestellt. Fotos: Reuters

Ministerrat macht den Weg frei. Gewerbe und Handwerk über die Aufwertung der Lehre mit dem Bildungsweg „Höhere Berufliche Bildung“ sehr zufrieden.

 

„Dieser Tag ist für den Wirtschaftsstandort Österreich und für die heimischen Fachkräfte historisch: Mit der Höheren Beruflichen Bildung wird ein eigenständiger ­berufspraktischer Bildungsweg geschaffen, der nahtlos an die Lehre anschließt und parallel bzw. gleichwertig zum schulisch-akademischen Bildungsweg verläuft. Ein immens wichtiger Schritt zur Aufwertung des dualen Systems“, sagt Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), über die Ministerratssitzung am 23. Februar. Das Gewerbe und Handwerk, der größte Ausbildner des Landes, freut sich über den Startschuss für die Höhere Berufsbildung ganz besonders. „Das gibt ambitionierten Jugendlichen, die im Beruf ihre praxisorientierten Fähigkeiten ausleben wollen, dieselben Entwicklungschancen in die Hand wie Schülerinnen und Schülern oder Studierenden, die stärker auf theoretisches Wissen fokussiert sind.“

 

Lückenlose Karriereleiter

Die berufsbegleitend-praktische Karriereleiter wird künftig zusätzliche „Sprossen“ erhalten, auf denen Bildungswillige höher klettern können: So wird eine Lücke, die derzeit zwischen der Lehrabschlussprüfung und der Meisterprüfung bzw. der Befähigungsprüfung klafft, geschlossen.

„Mit der NQR-Stufe 5 werden formale Abschlüsse mit einem Titel möglich sein, die gleichwertig mit einem HTL-Abschluss eingestuft und voraussichtlich höher zu bewerten sein werden als eine AHS-Matura. Diese Qualifikationen sind angesichts des großen Fachkräftebedarfs äußerst gefragt; die Absolventinnen und Absolventen werden sich ihre Jobs aussuchen können“, sagt Scheichelbauer-Schuster. „Es muss niemand mehr nur aus Prestigegründen eine AHS-Matura machen, der Weg zur Höherqualifizierung geht jetzt auch über die Lehre“, resümiert sie.

 

Berufsbegleitend

Die berufliche Höherbildung ist nicht nur berufsbegleitend möglich, sondern sogar zwingend so vorgesehen. Wie im dualen Bereich üblich, erfolgt der Erwerb der Qualifikationen nämlich im Betrieb und in einer Bildungsstätte. „Das ist viel näher an der Lebens­realität arbeitender Menschen, denn die wenigsten können sich eine Auszeit nehmen und sich für geraume Zeit nur der Schule oder außerbetrieblichen Fortbildung widmen“, so Scheichelbauer-Schuster.

Die Krönung der fachlichen Qualifikation wird im Handwerk der Meistertitel bleiben. Der neue berufsbezogene Bildungsweg eröffnet aber die Möglichkeit, noch darüber hinaus branchenübergreifende Kompetenzen zu erwerben, vorstellbar sei dabei eine Fokussierung auf Themen wie Management, Führungskompetenz, Rechnungswesen oder Marketing.

Renate Scheichelbauer-Schus­ter: „Qualifikation ist der wichtigste Wettbewerbsfaktor unserer Zeit. Österreich kann nun einen Riesensprung vorwärts und verlorenes Terrain wettmachen. Wer Freude am Beruf hat, der hat auch Lust auf neue Kompetenzen: Der neue Rahmen für die berufsbezogene Bildung stärkt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihre Betriebe auch international.

Für Handwerk und Gewerbe ein richtiger Meilenstein. APA
Für Handwerk und Gewerbe ein richtiger Meilenstein. APA