Bilder im Kopf als Motivation

Extra / 10.11.2022 • 19:05 Uhr
Ex-Nationalspieler und Fußballtrainer Adi Hütter gab Einblicke in die tägliche Arbeit abseits der Seitenauslinie, sprach über Zielsetzung und Mitarbeiterführung.

Ex-Nationalspieler und Fußballtrainer Adi Hütter gab Einblicke in die tägliche Arbeit abseits der Seitenauslinie, sprach über Zielsetzung und Mitarbeiterführung.

Fußballtrainer Adi Hütter (52) sprach über Zielsetzung und Führung von Mitarbeitern.

Bregenz Führung, Kommunikation, Coaching – für Adi Hütter als Fußballtrainer mehr als nur Schlagworte. Vielmehr sind es Prinzipien, auf die er seine Arbeit aufbaut. Gerade im Fußballbusiness ist für ihn der Mensch hinter jedem Spieler wichtig. „Jeder funktioniert anders“, sagt er. Zu wissen, wie damit umzugehen ist und die Stärken hervorzukehren, sieht er als wesentlichen Bestandteil seiner Arbeit. Deshalb habe er sich am Ende seiner Spielerkarriere sehr früh mit der Frage Motivation auseinandergesetzt. „Motivation“, so der Altacher, „kommt von Motiv. Es braucht also eine Zielsetzung.“ Diesbezüglich zitierte er den römischen Philosophen Lucius Annaeus Seneca: „Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige.“

Die Führungsrolle eines Fußballtrainers, so Hütter, sei ähnlich jener in der Wirtschaft. Es gehe darum, die Menschen dorthin zu führen, wo sie allein nicht hinkommen. Deshalb sei es ihm sehr wichtig, eine Beziehung zu den Mitarbeitern, in seinem Fall Fußballern, aufzubauen. Zudem sieht er es als Pflicht an, den Menschen auf dem Weg dorthin Erfolgserlebnisse zu vermitteln. Dazu zählt für ihn insbesondere die Wertschätzung. Als Beispiel erzählte er von einem Training, als er einen jungen Spieler für dessen Leistung scharf kritisierte. „Nach dem Training wollte er mit mir sprechen. Er erzählte, dass er die Nacht kaum geschlafen habe, weil das Kind krank sei und geschrien habe. So sei er unausgeschlafen zum Training gekommen. Hätte er mir das vor dem Training erzählt, dann hätte ich alles besser einordnen können.“ Letztendlich zeige dieses Erlebnis, wie wichtig Kommunikation für die Führung einer Gruppe sei.

Ziele bewusst hoch ansetzen

Ein übergeordnetes, gemeinsames Ziel zu haben, verbinde Fußball mit der Wirtschaft. Die Ziele, so Hütter, dürfen ruhig hoch angesetzt werden, auch auf die Gefahr hin, einmal scheitern zu können. Doch der Punkt des Scheiterns liege oftmals höher als ein zu niedrig angesetztes Ziel. Bei seiner Station in Bern habe er zu Beginn der dritten Saison im Trainingslager gesagt: „Jungs, das ist nun meine letzte Saison hier. Wir sind zweimal Zweiter geworden. Dieses Jahr wollen wir Meister werden.“ Die Spieler und Klubverantwortlichen hätten ihn mit großen Augen begutachtet. Wurde doch in Bern über Jahrzehnte von „veryoungboysen“ gesprochen. Das sollte die Versagerrolle ausdrücken, denn immer wenn die Young Boys um einen Titel spielten, verspielten sie ihn. Die Siegermentalität musste geweckt werden. Deshalb habe er die Spieler aufgefordert, ein Bild zu zeichnen. „Was passiert, wenn ihr den Meistertitel holt“, lautete Hütters Aufforderung. Die Bilder wurden in den Kabinenspinds aufgehängt, sodass jeder Spieler täglich sein Bild vor Augen hatte. „Dafür haben wir dann gemeinsam gearbeitet. Und so hat sich von Spiel zu Spiel mehr Dynamik entwickelt.“ Am Ende, so Hütter, hatten fast alle Spieler das richtige Bild, erst im Kopf und dann zu Papier gebracht. Neben dem Jubel um den gewonnen Titel, gab es für ihn noch eine wichtige Erkenntnis: „Denken Sie als Führungspersönlichkeit nie, etwas allein bewegen zu können. Sie brauchen Ihre Mitarbeiter und deren Bild vom gemeinsamen Ziel.“

Zur Person

Adi Hütter

Wird in Bern noch immer verehrt. Holte mit den Young Boys 2018 die erste Schweizer Meisterschaft seit 1986.

Geboren 11. Februar 1970

Ausbildung als Trainer UEFA-Pro-Lizenz

Laufbahn als Trainer RB Juniors, Cashpoint SCR Altach, SV Grödig, FC RB Salzburg, BSC Young Boys, Eintracht Frankfurt, Borussia Mönchengladbach (bis Juni 2022)

Familie verheiratet mit Sabine, eine Tochter (Celina)