Wahres Leben
Es gibt sehr viele Leute, die unseren Respekt verdienen. Wir kennen sie nur nicht. Wäre auch gar nicht möglich, so groß und weit wie diese Welt ist. Aber manchmal braucht es nur wenig, um auf besondere Menschen zu stoßen. Man findet sie praktisch vor der Haustüre. Ich spreche jetzt nicht von nahen Anverwandten oder Freunden. Ich meine jene, die einem zufällig über den Weg laufen.
Ich hatte das Glück, auf gleich zwei solche Menschen zu treffen. Zu ihnen gehört Ines, deren Geschichte ich auf dieser Seite erzähle. Eine zarte Person mit einem von Missbrauch und Schlägen geschundenen Körper. Gegen sich selbst ist sie unerbittlich, respektlos. Eine schmerzvolle Art, sich vor der Vergangenheit zu schützen. Für sie im Moment die einzig passende. Der Wille, Liebe anzunehmen, wurde gebrochen, nicht aber der Wille, Liebe zu geben. Das tut sie reichlich. Ihrem Sohn. Ihrer Mutter. Dieses Empfinden konnten ihr weder Schläge noch Übergriffe austreiben. Und sie hält es fest.
Die andere Frau ist Rita. Seit 15 Jahren betreut sie ihren pflegebedürftigen Mann zu Hause. Sie hat dafür viel von ihrem eigenen Leben zurückgestellt. „Man sagt Ja in guten wie in schlechten Tagen“, antwortet sie auf die Frage, wie sie das aushält. Rita kann wohl auf die Hilfe der Kinder zählen. Doch mit den Sorgen und Emotionen einer solchen Situation muss sie alleine klarkommen. Das kann ihr niemand abnehmen.
Es sind Menschen wie Ines und Rita, die dem wahren Leben ein Gesicht geben. Sie seien stellvertretend für die unzähligen genannt, die das auch tun.
marlies.mohr@vn.vol.at
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