Steiniger Weg zurück ins Leben

Gesund / 27.09.2013 • 10:58 Uhr
Die Ergotherapie hilft Stefan Ritlop, seine linke Hand wieder zu gebrauchen. Fotos: VN/Steurer
Die Ergotherapie hilft Stefan Ritlop, seine linke Hand wieder zu gebrauchen. Fotos: VN/Steurer

Nach einem schweren Schlaganfall ist Stefan Ritlop heute wieder gut auf den Beinen.

Bregenz. (VN-mm) Eigentlich hat Stefan Ritlop (46) im Frühjahr Geburtstag. Allerdings war ihm da nicht zum Feiern zumute. Stattdessen kämpfte der Metzgermeister aus Andelsbuch um sein Leben, darum, wieder auf die Beine zu kommen. Das hat er geschafft. Und morgen wird er nochmals Geburtstag feiern. Denn morgen jährt sich der Tag, an dem ein schwerer Schlaganfall alles im Dasein des vierfachen Familienvaters veränderte.

Bleibende Erinnerung

Viele Monate sind seitdem ins Land gezogen. Es gab Tage voller Schmerzen, Trauer und Angst und solche voller Zuversicht und Hoffnung. Heute ist Stefan Ritlop wieder guter Dinge. Pflegt seinen Humor und flotte Sprüche. „Ich hatte beste Voraussetzungen für einen Hirnschlag“, meint er mit einem Anflug von Sarkasmus und listet die Übel auf: „187 Kilo, Bluthochdruck, Zigaretten, viel Arbeit.“ Zudem litt er an einer Lungenentzündung.

Das Verhängnis spielte sich im Büro ab. Stefan Ritlop kann sich noch „an jede Minute erinnern“. Zuerst die Schmerzen im linken Fuß. Dann beim Zubinden der Schuhe ein stechender Schmerz im Kopf. So, als ob ihm ein Spitzhammer hineingerammt würde. Was den großgewachsenen, bulligen Mann jedoch besonders betroffen machte: Der 13-jährige Sohn musste mitansehen, wie sein bis dahin immer „starker Vater“ plötzlich zu einem hilflosen Menschen wurde. „Er litt sehr darunter“, fügt Stefan Ritlop leise an.

Dennoch hatte er Glück im Unglück. Seine Schwester, die als Krankenschwester arbeitet, konnte fachgerechte erste Hilfe leisten. Danach wurde er ins Spital gebracht. Mit dem Rettungswagen, weil der Hubschrauber nur für ein Gewicht bis 125 Kilo ausgelegt ist. Aber sowohl im LKH Bregenz wie im Krankenhaus Dornbirn waren die Operationssäle besetzt. Platz gab es erst im LKH Feldkirch. Nach dem dringend notwendigen Eingriff am Kopf beförderten die Ärzte den Patienten in den Tiefschlaf. Neun Wochen lang. Es stand schlecht um ihn. Die Prognosen: düster. Aber: „Meine Frau und die Kinder hielten mich“, erzählt Stefan Ritlop. „Ich konnte noch nicht gehen.“ Wiewohl er das gerne getan hätte. Denn da, wo er sich befand, zwischen Leben und Tod, war es „hell und angenehm warm“. Ein gutes, ein schönes Gefühl. Er schilderte seine Nahtod-Erfahrungen bislang nur wenigen. Jetzt kann er offener darüber reden.

Treppe statt Rollstuhl

Nach der Intensivstation folgte die stationäre Reha im LKH Rankweil. „Eines der besten Krankenhäuser, die ich kenne“, befindet Ritlop im Rückblick. Danach ging es für sechs Wochen in eine Reha-Klinik nach Wangen. Dazwischen lag, zwecks Aufbau der Lungenfunktion, ein Aufenthalt in der Pulmologie des LKH Hohenems. Die ambulante Rehabilitation absolvierte der Andelsbu-
cher in der SMO in Bregenz. Gekommen ist er im Rollstuhl. Jetzt schafft er im Alleingang schon die Stufen ins Obergeschoss. „Meine Therapeutin“, nennt Stefan Ritlop die breite Treppe und lacht dabei fröhlich. Anfangs hat ihn seine Frau dreimal in der Woche mit dem Auto nach Bregenz gefahren. Mittlerweile nimmt er den Bus. Die linke Körperhälfte ist zwar noch sichtbar eingeschränkt. Doch er kann laufen, aufstehen, schmecken. Alles, und sei es noch so unbedeutend, empfindet er als Glück. „Als ob die Festplatte im Gehirn neu gestartet worden wäre“, meint er sinnend.

Fordernde Therapie

Die Reha in der SMO in Bregenz sei nie ein „Muss“ gewesen. Stefan Ritlop machte gerne, was ihn forderte. 25 Therapiewochen in der Gruppe, das gemeinsam Unterwegssein zu einem Ziel: Es tat ihm gut. Nun folgen Einzeltherapien. Dass nicht mehr alles geht, weiß Stefan Ritlop. Doch: „Was möglich ist, will ich machen.“ Zum Beispiel wieder im Betrieb arbeiten. Während seiner langen Krankheit führte ihn seine Frau. Auch Kollegen und Freunde halfen mit.

Abnehmen möchte er ebenfalls. „Sechzig Kilo sind schon weg“, sagt er sichtlich stolz. Auf der Waage soll alsbald der Hunderter aufscheinen. Und: Er wird mehr auf seinen Körper hören. Zumindest hat sich Stefan Ritlop das fest vorgenommen. „Aber die Arbeit liegt mir halt im Blut“, merkt er treuherzig an.

Dann denkt er an seine Kinder. Das Jüngste ist zwei, der Älteste 15 Jahre. Sie brauchen ihn. Auch das weiß er.

Auf dem Laufband trainiert der Metzgermeister flüssiges Gehen.
Auf dem Laufband trainiert der Metzgermeister flüssiges Gehen.
Spezielle ergotherapeutische Übungen kräftigen die vom Schlaganfall betroffene linke Hand und machen sie wieder fit für alltägliche Arbeiten.
Spezielle ergotherapeutische Übungen kräftigen die vom Schlaganfall betroffene linke Hand und machen sie wieder fit für alltägliche Arbeiten.