Neuer Therapieansatz für schwere alkoholbedingte Leberentzündung

Gesund / 11.02.2016 • 15:54 Uhr
So durchzogen präsentiert sich Medizinern eine von übermäßigem Alkoholgenuss geschädigte Leber.  Foto: uni Innsbruck
So durchzogen präsentiert sich Medizinern eine von übermäßigem Alkoholgenuss geschädigte Leber. Foto: uni Innsbruck

Alkoholische Hepatitis bislang nicht therapierbar. Protein spielt eine entzündungsfördernde Rolle.

Innsbruck. Neue entzündungsbiologische Erkenntnisse aus dem Team um Univ.-Prof. Herbert Tilg von der Medizinischen Universität Innsbruck könnten die Grundlage für eine effiziente Behandlung der alkoholbedingten Hepatitis liefern. Die schwerwiegende Entzündung führt als Folge einer jahrelangen Alkoholerkrankung in 50 Prozent der Fälle binnen kurzer Zeit zum Tod. Bis heute gibt es abseits einer nur in wenigen Fällen in Frage kommenden Lebertransplantation keine wirksame Therapie.

Lipocalin 2 (LCN2) heißt das kleine Protein, das sich laut der Forschungsarbeit des Teams um den Gastroenterologen Herbert Tilg als neuer, vielversprechender Angriffspunkt für die Therapie der alkoholischen Hepatitis erweisen könnte. Herbert Tilg ist Direktor der Uniklinik für Innere Medizin I an der MedUni Innsbruck und ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der gastroenterologischen Entzündungsbiologie. „Eine akute alkoholische Hepatitis tritt im Rahmen einer schweren Alkoholerkrankung auf, wenn die Leber bereits vorgeschädigt, also das Gewebe vernarbt ist. Fieber, Gelbsucht und ein extrem schlechter Allgemeinzustand begleiten die Entzündungsvorgänge, die die Leberfunktion zusätzlich verschlechtern. Kortison ist die Therapie der Wahl, kann die Entzündung aber nicht mehr stoppen. Eine wirksame, lebensrettende Behandlung ist daher dringend erforderlich“, erklärt Tilg.

In ihrer kürzlich im renommierten Magazin „Journal of Hepatology“ veröffentlichten und in „Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology“ hervorgehobenen Forschungsarbeit interessierten sich die Innsbrucker Wissenschaftler nun für jene Akteure und Steuerungsmechanismen, die zu dieser schweren Form der Leberentzündung führen. „Wir wussten, dass die Leber in diesem chronisch entzündlichen Stadium von bestimmten weißen Blutkörperchen, den neutrophilen Granulozyten, überschwemmt ist und dass LCN2, ein kleines, aus weißen Blutkörperchen gebildetes Eiweiß, eine relevante Rolle bei Entzündungsprozessen spielt“, berichtet Erstautorin Verena Wieser, die in ihrer Arbeit von Kollegen der Uniklinik für Innere Medizin VI unterstützt wurde. Die Forscher verglichen zunächst Lebergewebe von Alkohol-Hepatitis-Patienten mit Lebergewebe von Patienten mit nicht-alkoholischer Fettleber und stellten fest, dass LCN2 nur im Gewebe von Alkohol-Hepatitis-Patienten hoch exprimiert ist.

Innovativer Therapiezugang

In einer Antikörper-Studie wurde zudem nachgewiesen, dass die Blockade von LCN2 eine Infiltration durch neutrophile Granulozyten weitgehend verhindert. Damit dürfte ein neuer und innovativer Therapiezugang für dieses späte und mit hoher Mortalität assoziierte Stadium der Alkoholerkrankung gefunden sein. LCN2 spielt in der Entstehung dieser letalen Erkrankung also eine essenzielle Rolle, erfüllt grundsätzlich aber auch immunmodulierende Funktionen. „Dieser Umstand muss bei der pharmakologischen Weiterentwicklung und Nutzung im Sinne einer genau abgestimmten Antikörper-Therapie mitberücksichtigt werden“, betont Herbert Tilg.